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Reiten lernen – in Theorie und Praxis

Da ich meine bisherige Urlaubswoche weitgehend damit verbracht habe mich über dumme Menschen zu ärgern und nachdem mein Plan heute ein paar nette Reitbilder zu machen daran scheiterte, dass ich mal wieder keine Speicherkarte in meine Kamera getan habe, hab ich mir gedacht, ich mach stattdessen mal was Schönes Eremit-mäßiges ganz ohne Menschen. Ich sortiere meine Lieblings-Pferdebücher und Reit-DVDs aus meiner Sammlung, damit ich die alle zusammen ins Regal stellen kann. Das kann ja nicht so lange dauernd, dachte ich…

Der erste Zwischenstand sah dann mal so aus:

Pferdesammlung

Hierzu sei gesagt, dass ich einige meiner Pferdebücher an meine Mutter ausgeliehen habe, das sind also keineswegs alle…und dann ist da noch die Vermutung, dass irgendwo bestimmt noch eine Kiste ist an die ich nicht gedacht habe 😀

Einige Zeit später hatte ich dann 3 Stapel: Links die „Must-Reads“, in der Mitte die „schon gut, aber irgendwie liest man die doch höchstens einmal“ und „Bücher, die man eigentlich doch nicht braucht“. Immerhin ist der „Must-Read“ Stapel knapp der Höchste, also hab ich gar nicht mal so viel Geld verschwendet 😉 Im Hintergrund noch 2 besonders „schöne“ Bände, ein toller „Islandpferde“ Bildband und „Irrwege der modernen Dressur“ von Philippe Karl, das zum Nachdenken anregt.

Bücher sortiert

Jetzt wo ich die guten Bücher alle zusammen habe, werde ich im nächsten Blogpost Einige davon kurz vorstellen.

Trotz meiner Bücherbegeisterung habe ich aber über die Jahre fest gestellt, dass man aus Büchern nicht reiten lernen kann. Man kann sie benutzen, um für sich selbst zu verstehen was man Lernen möchte und um die theoretischen Hintergründe zu verstehen, aber Bekanntlich lernt man „Reiten nur durchs Reiten“ und das am Besten durch guten Reitunterricht, deswegen möchte ich erstmal all denjenigen danken, dir mir heute und in den vergangenen Jahren beim Reiten lernen geholfen haben

Gisela Gelhausen: weil noch vor wenigen Jahren jeder der mein Pony aus seiner Schulpferdezeit kennt bei Verwendung des Begriffs „Verlasspferd“ in Bezug auf sie in haltloses Gekicher ausgebrochen wäre und ich dank Gise mein Pony heute definitiv als Verlasspferd (mit Zusatz „trotzdem dem größten Dickschädel der Welt“) bezeichnen kann. Und weil ich dank ihr nun auch alleine ausreiten kann.

Karin Rauscher: die mein Pony schon länger kennt als ich selber und die sich durch besonders einfühlsamen und trotzdem strengen Unterricht und unglaublich gute Sitzschulungen auszeichnet

– Ulrike Störzbach vom Barockreitzentrum in Heimsheim fürs Beibringen von Langzügel und Doppellonge und für das Organisieren toller Fortbildungsveranstaltungen (und für die Möglichkeit mal einen Friesen und einen PRE zu reiten 🙂 ).

– Reynir Adalsteinsson, für den die Bezeichnung „isländischer Reitmeister“ wirklich angemessen ist und bei dem ich zu seinen Lebzeiten einige tolle Kurse mitreiten durfte (und dem ich sogar verzeihe, dass er mein Pony mal als „häßlichstes Pferd der Welt“ bezeichnet hat. Außerdem vermute ich, dass er wenn er noch leben würde und das Pony sportlich erschlankt ohne 100 Kilo Übergewicht sehen könnte, sich zumindest zu einem „durchschnittlichen Zottel“ durchringen könnte 😉 ). Von dem ich übrigens noch ein wundervolles Video besitze, wo er von dem 1,28m großen heutigen Verlasspferd Gletta bei der Handarbeit einmal quer durch die Reithalle gedrängt wird und ihr irgendwann „HÖRST DU ZU!!!“ ins Gesicht brüllt. Ich habe den Verdacht, dass gar nicht mal so viele Islandpferde das hingekriegt haben 🙂

reynir

Martina Funke fürs Beibringen von vernünftigem Leichttraben und für schnörkellos guten Basis-Unterricht

– Klaus Osterloh vom Islandpferdezentrum Münzenfelder Hof für die ersten Anfängerreitstunden mit Islandpferden und für die Ruhe und vermittelte Sicherheit

– Yasmin Rieser für kompetente reiterliche Hilfe im Zustand „ahnungsloser Erstpferdebesitzer“

– Ela für überdurchschnittlich guten Unterricht unter fast unmöglichen Bedingungen bei einem Pferdeverleih

– Antje für neue Impulse und Kopfarbeit

Heike Hackenjos, bei der ich wegen der örtlichen Ferne bisher nur eine einzige Longenstunde hatte, die aber so gut war, dass man deswegen glatt nach Heidelberg umsiedeln könnte

Und außer den Reitlehrern noch Special Thanks :

– an die Karl May Festspiele in Bad Segeberg, denn ohne diese hätte mein Onkel nie einen Reiturlaub in Mexiko gewonnen, hätte er nie deswegen mit dem Reiten angefangen, hätte ich nicht wegen ihm auch wieder mit dem Reiten angefangen, hätte ich jetzt nicht das allerbeste Pferd der Welt, sondern meine Reiterfahrungen würden sich auf ein paar chaotische Reiturlaube und schlechte Schulpferdeerfahrungen in meiner Kindheit beschränken

– und auch ein dickes Dankeschön, an die wahrscheinlich beste (und professionellste und pünktlichste) Masssattlerei im süddeutschen/Bodenseeraum: Equinomic und Herrn Urban Truniger, denn ohne einen gut passenden Sattel ist Reiten praktisch unmöglich (sowohl für Pferd als auch für den Reiter) und jeder der schon mal einen Sattel für ein winziges kurzrückiges rundrippiges Islandpferd gesucht hat, weiß, dass das gar nicht mal so einfach ist.

– und an Tvistur, den ganz besonderen Rabauken mit dem ich im Moment von Woche zu Woche die Anzahl der Ausritte bei denen er mich nicht in den Acker geworfen hat kontinuierlich erhöhe 🙂

tvistur

– und last but not least natürlich ein besonders dickes Dankeschön an das Allerbeste Pferd der Welt:

gletta

Liest sich jetzt alles in etwa so als hätte ich grad nen Oscar gewonnen. Kein Wunder, dass diese Dankesreden alle so lang sind. Wenn man da erstmal loslegt … 😀

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Pferde-DVD Rezension: Uta Gräf – Direkt am Viereck – Folge 1

Uta Gräf habe ich vor einigen Jahren beim „German Masters“ in Stuttgart zum ersten Mal reiten gesehen (ich glaube es war ein Grand Prix Kür Wettbewerb). Damals kannte ich sie noch gar nicht. Sie stach damals aus einem Feld von bestenfalls mäßigen Ritten und schlimmstenfalls gräßlichen Ritten (*hust* Frau I.W. *hust*) derart positiv heraus, dass ich mir damals gedacht habe, dass sie alleine den doch recht gesalzenen Eintrittspreis wert war. Mit ihrem damaligen Nr.1 Pferd „Le Noir“ zeigte sie eine unheimlich harmonische Kür mit grandiosen Übergängen (vor allem einem traumhaften Schritt-Piaffe-Schritt Übergang). Außerdem war sie so ziemlich die einzelne die ihr Pferd entspannt ein- und am langen Zügel wieder ausreiten konnte (was ein bezeichnendes Bild auf die anderen Teilnehmer dort wirft). Seitdem hat sie es geschafft sich im deutschen Dressursport als eine Art Lichtgestalt zu etablieren (Frau I.W. wäre dann im direkten Vergleich Darth Vader 😀 ).

Da mir fast alles, was ich von Uta Gräf reiterlich bisher gesehen habe, außerordentlich gut gefällt, habe ich mir schon mehrere ihrer DVDs gekauft.

In Folge 1 ihrer neuesten DVD-Reihe werden 2 verschiedene Pferde (Helios und Damon Jerome NRW) über einige Zeit ihrer Ausbildung begleitet, Helios ist dabei eher ein „Normalopferd“, also kein Pferd mit einer überdurchschnittlichen Dressurveranlagung oder mit spektakulären Grundgangarten. Hier ein kurzer Ausschnitt mit diesem Pferd: https://www.youtube.com/watch?v=MgfVRDic-hU

Die DVD zeigt Ausschnitte aus seiner Ausbildung über 2 Jahre hinweg, von seinem Ausbildungsstand als 6-jährigem bis hin zu seinem Ausbildungstand als 8-jährigem und bis zu seinem ersten Start in einer S-Dressur. Gut zu sehen ist bei diesen Videos, dass selbst bei einer Reiterin wie Uta Gräf die Ausbildung eines „normalen“ Pferdes Arbeit ist und auch bei ihr nicht sofort alles perfekt aussieht. Helios ist der Typ Pferd, der dazu neigt sich etwas zu eng zu machen. Man sieht bei ihm deshalb sehr gut, wie es fast 2 Jahre konsequenter Arbeit dauert, um eine 100% korrekte Dehnungshaltung zu erarbeiten, bei der das Pferd wirklich konstant ans Gebiss zieht. Das hilft einem als mäßig talentierter Reiter vielleicht, sich nicht ständig unrealistische Ziele für seine Freizeitreiterei zu setzen 😉 Leider lassen ja viele Sportreiter das Erarbeiten einer korrekten Dehnungshaltung deswegen einfach weg 😛

Insgesamt sieht man wie mit zunehmenden Training aus einem doch etwas schwerfällig wirkenden Pferd ein immer athletischerer und kraftvolleres Pferd wird. Bei seiner ersten S-Dressur wirkt Helios dann fast schon elegant. Uta Gräf zeigt also auf dieser DVD eindrucksvoll wozu Dressur ursprünglich gedacht war, nämlich ein Pferd nicht nur genauso schön zu präsentieren wie es sich im Freilauf auf der Koppel zeigt, sondern es durch die Dressur sogar noch schöner zu machen als vorher. Nicht umgekehrt, wie man es leider häufig sieht.

Bei Damon Jerome NRW werden Trainingsausschnitte als 8-jähriger gezeigt, leider ist von ihm nicht ganz so viel auf der DVD wie von Helios, vielleicht kommt davon bei Folge 2 noch mehr. Damon Jerome NRW ist sozusagen der Gegenpol zu „Helios“, eines dieses Hochleistungszuchtprodukte, die prädestiniert sind im Dressursport möglichst spektakulär auszusehen. Von ihm habe ich leider kein Youtube Video in guter Qualität gefunden, nur diesen kurzen Ausschnitt von Pferdia TV, aber der ist dafür auch besonders gelungen (wenn man so mal Zügel aus der Hand kauen lassen reiten könnte…). https://www.facebook.com/pferdia/videos/230663410319163/

Eigentlich mag ich solche „Gangwunder“ Pferde gar nicht so besonders, da mir die Gangarten meist zu künstlich exaltiert aussehen, allerdings liegt das sicher auch daran, dass man selten solche Pferde gut geritten sieht. Oft werden sie noch zusätzlich unter Spannung gehalten und die spektakulären Grundgangarten künstlich noch mehr verstärkt, bis sozusagen eine Karikatur eines Pferdes dabei herauskommt. Damon Jerome NRW ist wie sein Vater Damon Hill  eines der wenigen „modernen“ Dressur-Pferde, die wirklich gut geritten werden.

Ganz besonders beeindruckt haben mich bei der DVD:

– Die Arbeit an den Fliegenden und Einerwechseln, selten sowas Beeindruckendes gesehen

– eine Sequenz in der Uta Gräf von Damon Jerome eine Trabverstärkung fordert und danach überprüft ob er sich danach mit Zügel aus der Hand kauen lassen direkt wieder in die Dehnungshaltung schicken lässt. Beim ersten Mal klappt das nicht auf Anhieb und Uta Gräf merkt an, dass das ein Zeichen sein kann, dass sie zu viel verlangt hat. Sie reitet das Gleiche zur Überprüfung noch ein 2. Mal, mit dem Hinweis, dass falls er sich wieder nicht gleich in die Dehnung schicken lässt, dies dann definitiv ein Zeichen für eine zu frühe zu hohe Anforderung wäre und sie dann wieder einen Schritt zurückgehen würde (es hat dann aber gleich geklappt).

– wie Uta Gräf beim Erarbeiten von neuen und schweren Lektionen aussitzend praktisch non-stop vom Pferd kommentiert was sie tut, warum sie es tut, was sie fühlt, nur so kann man nämlich wirklich etwas lernen. Allein die sportliche Leistung da die ganze Zeit zu reden, finde ich übrigens schon fast überirdisch.

Die DVD ist nicht unbedingt was für Leute, die Spektakuläres oder „schön aufbereitetes“ auf einer Reit-DVD sehen wollen. Es gibt keine (schlechten) Beine schmeißenden Lampenaustreter Dressurritte a la „schwarzer Wunderhengst“ 😉 und auch kein Gegenprogramm in Form einer aufwändig dekorierten und bemalten Reithalle in der jemand mit klassischer Musik unterlegt vor sich hin schwebt, sondern es wird zu 95% schnörkellose Trainingsarbeit an verschiedenen Lektionen und in verschiedenen Ausbildungsstufen auf dem Reitplatz gezeigt, von Uta Gräf durchgehend während des Reitens kommentiert, mit ein paar zusätzlichen wenigen Off-Kommentaren eines Sprechers. Abgerundet wird das mit wenigen kurzen Szenen aus Turnieren, der beiden vorgestellten Pferde (aber keine kompletten Wettkampfritte).

Dabei ist die DVD wie fast alle Reit-DVDs recht teuer, aber hat mit 130 Minuten auch eine deutlich überdurchschnittliche Länge (ich habe schon Reit-DVDs mit 45 Minuten Spielzeit fürs gleiche Geld gekauft).

Es gibt von Uta Gräf übrigens auch noch eine ältere 3-teilige DVD-Reihe „Dressurreiten mit Begeisterung“, die ich auch habe und die auch sehr empfehlenswert ist. Darauf gibt es auch sehr viel unheimlich gutes Reiten zu sehen, es werden aber auch noch ein paar andere Themen mit behandelt, wie pferdegerechte Haltung und Fütterung, vorbereitende Bodenarbeit (Uta’s Pferde werden vom Boden von ihrem Lebensgefährten ausgebildet, nach Prinzipien des Natural Horsemanship), Ausbildung des Reiters und einige Ausschnitte aus der Working Equitation, da ihr Lebensgefährte in dieser Disziplin zuhause ist. Außerdem wird in der Reihe eher die ganze Zeit das Zielbild („wie sieht das perfekte Endbild beim Reiten“) gezeigt und nicht so sehr der Weg dahin. Zum Einstieg finde ich diese DVD fast besser.

Als tatsächliche „Lehr“-DVD für normale Reiter und Freizeit-Reiter eignen sich die DVDs von Uta Gräf übrigens denke ich kaum, denn sie reitet auf einem Niveau, das fern der Praxis von so ziemlich jedem liegen dürfte und der Ausbildungsstand der Pferde auf dem Video fängt auf einer Ausbildungsstufe an, die die meisten Freizeit-Pferde gar nie erreichen werden. Aber man kann sich trotzdem einiges abgucken, nämlich wie man Pferde motiviert, wozu „Dressurreiten“ und „Lektionen“ eigentlich dienen, dass man zum guten Reiten Selbstbewusstsein und Zielstrebigkeit braucht und natürlich vor allem wie klassisches Reiten nach FN auf hohem Niveau eigentlich aussehen sollte (das kann man sich bei 99,9% der Reiter, die der Meinung sind, sie reiten nach FN nämlich nun mal leider keineswegs abschauen).

Zum Abschluss noch eines meiner Lieblings-Wettkampfritte von Uta Gräf, mit „Le Noir“, leider ist die Kamera-Perspektive nicht so toll (auf der 3. DVD der „Dressurreiten mit Begeisterung“ Reihe ist dieser Ritt übrigens in optimaler Qualität drauf). . Wenn ich nicht grad 1,58m groß wäre und reiten könnte wie Uta Gräf, dann wäre „Le Noir“ mein Traumpferd. Von dem Ritt in Stuttgart beim German Masters habe ich leider nie ein Video gefunden, aber dieser Ritt war denke ich vergleichbar gut (trotz der etwas oft überstrapazierten Musikwahl ;-)). Wobei dem Ritt im Vergleich zu Stuttgart in der ersten Hälfte etwas die Leichtigkeit fehlt und auch die ersten Übergänge in die Piaffe waren nicht sooo gut, dafür finde ich die Galopppirouetten und generell die Galopplektionen und die 2. Hälfte inkl. der finalen Halt-Parade super :

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Für Leseratten: Letzter Teil der Buch-Highlights 2015

Und zum Abschluss möchte ich noch einige Jugendbücher vorstellen, die mir besonders gut gefallen haben, sowie einige Bücher, die nicht aus dem Genre „Roman“ sind.

Jugendbücher:

Jugendbücher lese ich persönlich auch als Erwachsene immer noch sehr gerne, ich finde sprachlich stehen gute Jugendbücher Romanen für Erwachsene oftmals nicht nach und man findet komischerweise in diesem Genre oftmals einfacher Bücher, die sich mit außergewöhnlichen oder schwierigen Themen beschäftigen.

  • Lilly Lindner: Was fehlt wenn ich verschwunden bin: Normalerweise verschlinge ich Bücher, die mir gefallen in Windeseile…und nur Bücher, die ich mittelmäßig finde oder die mir nicht gefallen, lese ich stockend und gelegentlich widerwillig. Bei diesem Buch war das ganz anders, ich konnte es nicht verschlingen, weil ich fast auf jeder Seite über einen Satz gestolpert bin, den ich nochmal lesen musste, über den ich nachdenken musste und den ich nachvollziehen musste, weil er einfach eine Sache so auf den Punkt getroffen hat, wie ich es noch nie zuvor gelesen habe. In diesem Buch geht es im Prinzip über Magersucht und obwohl die Krankheit selbst finde ich in diesem Buch gar nicht sooo zentral thematisiert wird, habe ich noch kein Buch gelesen, in dem die Verzweiflung , die dahinter steckt so eindringlich und verständlich geschildert wird. Genauso habe ich noch kein Buch gelesen in dem trotz all der Verzweiflung so viel Liebe für einige besondere Personen ausgedrückt wurde. Das Buch regt auf vielen Ebenen zum Nachdenken an, zum Nachdenken über Worte, Wortbedeutungen, Sätze, über den Inhalt, über Familien, … Das Buch ist in zwei Hälften geteilt, die erste Hälfte wird aus Sicht der 9-jährigen Phoebe erzählt, die Briefe an ihre große Schwester April schreibt, die sich wegen ihrer Magersucht in einer Klinik befindet. Der zweite Teil ist dann aus Sicht von April geschrieben. Ich habe ein paar wenige negative Rezensionen zu diesem Buch gelesen, darin wurde meist entweder kritisiert, dass es zu viele Wortspiele gäbe. Diese Kritik kann ich nicht richtig nachvollziehen, denn Wortspiele habe ich in diesem Buch nicht gefunden, nur die Auseinandersetzung mit Worten. Die andere Kritik war meist, dass keine 9-jährige so schreiben könnte wie Phoebe. Diese Kritik kann ich bis zu einem gewissen Grad schon nachvollziehen.
    Anfangs hatte ich auch Schwierigkeiten mir Phoebe als 9-jährige vorzustellen. Und ja, ich kenne keine 9-jährige, die so spricht oder schreibt wie Phoebe in dem Buch. Aber ich kenne sonst auch keine 19-, 29-, 39-, 49-, 59-, 69-, 79-, 89-, oder 99-jährige, die so spricht oder schreibt und offensichtlich gibt es zumindest eine Person auf der Welt, die sich so ausdrücken kann, ich würde mich also nicht anmaßen zu beurteilen was einen Wortschatz eine 9-jährige haben kann. Von dem her habe ich am Anfang einfach irgendwann beschlossen mich auf dieses Mädchen einzulassen. Ich muss dazu sagen, dass mich die beiden Hälften des Romans auch unterschiedlich beeindruckt haben. Den Teil aus Phoebes‘ Sicht fand ich zum Nachdenken anregend. Den 2. Teil, aus Aprils Sicht fand ich mitreissend, schmerzhaft und er hat mich sogar zum Weinen gebracht. Trotzdem finde ich dass beide Hälften auf ihre eigene Weise funktionieren.
    Generell habe ich noch nie ein Buch gelesen wie dieses von Lilly Lindner. Aber ich hab jetzt definitiv große Lust alles zu lesen was sie geschrieben hat.
  • Rainbow Rowell: Eleanor & Park: An dem Buch „Eleanor & Park“ hat mich als erstes das Cover angesprochen, wirklich schlicht und ohne knallige Farben hat es mir trotzdem auf den ersten Blick gefallen und es passt perfekt zum Klappentext, denn es zeigt zwei Teenager, die nebeneinander sitzen (wenn man den Klappentext liest, ist es klar, dass sie vermutlich im Bus sind) und Musik hören.
    Liebesgeschichten sind ansonsten eher nicht so mein Genre, aber wegen dem attraktiven Gesamtbild wollte ich der Geschichte unbedingt eine Chance geben.
    Das ganze Buch dreht sich dann auch um die beiden Titelhelden, Park, ein eher unauffälliger Teenager asiatischer Herkunft, der versucht bei seinen Mitschülern möglichst wenig anzuecken, in dem er sich auf der täglichen Busfahrt (und vermutlich auch in der Schule) möglichst still und unauffällig verhält. Park kommt aus einer ganz normalen stabilen Mittelstandsfamilie und ist ein ganz normaler Teenager. Eleanor stammt aus eher turbulenten Familienverhältnissen und kommt an Parks Schule nachdem sie ein Jahr nicht bei ihrer richtigen Familie gewohnt hat. Sie hat es zuhause schwer und auch im Schulbus fällt sie sofort negativ auf, hat sie doch knallrote Haare, einen ungewöhnlichen Kleidungsstil und ist etwas pummelig. Alles Dinge, die bei zickigen „coolen“ Teenies nicht so gut ankommen. Eher widerstrebend lässt Park sie im Schulbus neben sich sitzen, weil er wie immer nicht auffallen will und schon gar nicht dadurch, dass er nett zu einer neuen Mitschülerin ist, die von allen anderen verspottet wird.
    So „unromantisch“ beginnt die Beziehung zwischen Eleanor und Park und das Buch zeigt sehr schön wie mit der Zeit aus einer unfreiwilligen Zweckgemeinschaft Liebe wird. Die beiden Hauptfiguren sind dabei wirklich sympathisch, die Unterschiede zwischen den beiden Familien sind toll dargestellt und das Buch hat mich deswegen wirklich sehr gut unterhalten.
  • Sanne Munk Jensen: Wir wollten nichts, wir wollten alles: „Wir wollten nichts, wir wollten alles“ ist ein sehr außergewöhnliches Jugendbuch. Die Geschichte beginnt damit, dass Liam und Louise, zwei junge Menschen, mit Handschellen aneinander gekettet tot aus dem Hafenwasser gezogen werden. Offenbar haben die beiden gemeinsam Selbstmord begangen, aber wie konnte es zu dieser Verzweiflungstat kommen? Die Geschichte wird aus Sicht von der toten Louise erzählt, immer abwechselnd erzählt sie in Rückblenden die Geschichte ihres letzten Lebensjahres, von dem Moment an als sie Liam kennenlernte. Dazwischen wird erzählt wie Louises und Liams Eltern und Freunde mit der Situation nach dem Selbstmord umgehen und wie sie verzweifelt versuchen mit ihrer Trauer klar zu kommen und herauszufinden was mit Liam und Louise passiert ist.Die Geschichte hat mich von Anfang an in ihren Bann gezogen, die Charaktere sind lebensecht und die Verzweiflung und Gefühle aller Protagonisten sind jederzeit glaubhaft und berührend. Die Geschichte selbst ist absolut nichts für schwache Nerven, da es sehr viel Gewalt und krasse Szenen gibt, was für die Handlung aber auch unvermeidbar ist. Ich denke das Buch ist deswegen aber auch eher für ältere Jugendliche oder Erwachsene geeignet. Es ist auch keines dieser Jugendbücher, die man als Erwachsener zwar auch lesen kann, bei dem man aber immer merkt, dass es doch eigentlich ein Jugendbuch ist, sondern es ist absolut ein Buch das man in jedem Alter lesen kann. Für mich ist das eines der besten Bücher, das ich in den letzten Monaten gelesen habe, weil sowohl Handlung als auch Stil außergewöhnlich und überdurchschnittlich sind.
  • Seita Vuorela: Wir fallen nicht: Die Hauptpersonen in „Wir fallen nicht“ sind zwei Brüder: Wladimir und Mitja. Die beiden sind mit ihrer Mutter auf einer Camping-Reise, es ist aber kein normaler Sommerurlaub, denn einige Zeit vorher ist etwas Furchtbares geschehen. Mitja ist mit seinem besten Freund in einem leerstehenden Gebäude umhergestreunt und sein bester Freund kam dabei bei einem Sturz ums Leben. So gestaltet sich die Prämisse dieses außergewöhnlichen Romans…Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, einmal erzählt Mitja seine Geschichte als Ich-Erzähler, dann gibt es Teile, die aus Wladimirs Sicht erzählt werden und Teile die aus der Sicht eines geheimnisvollen Mädchens erzählt werden, auf das Mitja während seiner Streifzüge am Urlaubsort trifft.Die Geschichte, die mit diesem Roman erzählt wird ist wirklich außergewöhnlich und auch ganz anders als ich anhand des Klappentextes erwartet hatte. Die Atmosphäre ist mystisch und auch etwas bedrohlich, die Sprache ist definitiv eine der größten Stärken des Romans. Die Autorin schreibt poetisch und trotzdem ist es jederzeit glaubhaft, dass die Geschichte aus Sicht von Teenagern erzählt wird. Man glaubt Mitja jedes Wort und die Gefühle der Protagonisten sind jederzeit glaubhaft.Von einer 5 Sterne Bewertung hat mich lediglich die Tatsache abgehalten, dass es recht früh ersichtlich ist, worauf die Geschichte hinausläuft. Außerdem ist es manchmal vielleicht etwas zu viel des Guten was die Mystik angeht. Trotzdem ein ganz hervorragender Roman!
          

Autobiographisches

  • Hape Kerkeling: Der Junge muss an die frische Luft: Hape Kerkeling mag ich schon „immer“, in meiner Kindheit als „Comedian“, später als Moderator und auch „Ich bin dann mal weg“ hat mir als Buch schon ausnehmend gut gefallen. Also wollte ich auf jeden Fall auch seine Autobiografie lesen, ich habe mich dann aber für die Hörbuch Variante entschieden. Auch wenn ich inzwischen festgestellt habe, dass Hörbücher im Allgemeinen doch nicht so mein Ding sind, bin ich in diesem Fall froh, das Hörbuch genommen zu haben, da Hape Kerkeling einfach unheimlich toll vorliest und wer sonst könnte seine Kindheit optimal schildern, wenn nicht er selbst? Die Autobiografie ist auch tatsächlich hervorragend, es handelt sich dabei um ein sehr warmherziges Buch, voller toller Beschreibungen von Personen und Ereignissen, es handelt sich dabei aber keineswegs um ein besonders lustiges Buch (auch wenn es natürlich witzige Passagen und Ereignisse gibt), da Hape nicht gerade eine einfache Kindheit hatte. Ich empfehle das Buch auf jeden Fall jedem, der Interesse an Hape hat oder generell gerne gute Autobiografien liest.
  • Adam Fletcher: Make me German – Wie ich einmal loszog, ein perfekter Deutscher zu werden: Hierbei handelt es sich um ein Wendebuch (das Buch ist einmal auf Deutsch und einmal auf Englisch abgedruckt) von dem Briten Adam Fletcher, der seit einigen Jahren in Deutschland lebt und sich in diesem Buch aus Sicht eines „Zugezogenen“ (oder Neigschmecktem, wie man hier in Schwaben sagen würde 😉 ) versucht typische Deutsche Traditionen, Marotten und Klischees zu erforschen und am Besten gleich selbst auszuprobieren. Normalerweise mag ich eher keine Bücher aus dem Genre „Humor“, aber ich fand dieses Buch durchweg sehr gelungen und vor allem kann ich viele von Adam’s Eindrücken über Deutschland und die Deutschen auch sehr gut nachvollziehen. Ein sehr nettes Buch für zwischendrin, dass durch die Zweisprachigkeit auch nicht so umfangreich ist, wie es auf den ersten Blick wirkt (ich habe es übrigens auf Englisch gelesen).