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Buch-Tipp: „Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron“ von Yade Yasemin Önder

Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron“ ist das Literatur-Debut von Yade Yasemin Önder. Der lyrische, teils wilde, sehr intensive Roman erzählt von Kindheit,Jugend und jungem Erwachsenenleben einer namenlosen Ich-Erzählerin. Die Mutter Deutsche, der stark übergewichtige Vater stammt aus der Türkei und ist laut der Tochter „zu fast nichts zu gebrauchen, das mit Schwerkraft zu tun hat“. Die ersten Jahre sind geprägt durch Erinnerungen an eine Familie, die nicht perfekt ist, die Ecken und Kanten hat, durchmischt mit vagen Erinnerungen an „Heimat“-Urlaube in der Türkei. Als der Vater bei einem Unfall mit einer Kreissäge stirbt, erfolgt ein Bruch, zurück bleiben Mutter und Tochter, die sich nicht verstehen, die sich aneinander reiben…Erzählt wird die Entwicklung nicht chronologisch, sondern in kurzen, intensiven Episoden, die in der Zeit springen und auch im Stil, manchmal ganz klar und realitätsnah, manchmal kreativ, absurd und eher wie ein Traum, künstlich übertrieben und manchmal schwer verständlich, trotzdem authentisch und berührend.

Die Themen des Buches sind Familie, Identität, Heimat, Körpergefühl, Essstörungen, Sex und Selbstfindung, sehr viel gepackt in ein Format, dass sicher vom Stil nicht jeden ansprechen wird, aber für mich sehr gut funktioniert hat, die Geschichte hat eine Sogwirkung, die Personen werden lebendig, obwohl man oft nur Bruchstücke erfährt. Ein spannendes und intensives Debut von einer Autorin, von der man hoffentlich noch viel hören wird.

Bücher, yoga

Sachbuch-Tipp: „Yoga-Sequencing“ von Nicole Bongartz

Heute möchte ich ein Sachbuch zu meiner Leidenschaft Yoga vorstellen: „Yoga-Sequencing“ von Nicole Bongartz. Das Buch richtet sich eigentlich primär an Yogalehrer:innen, die sich damit zum Thema „Aufbau einer Yoga-Stunde“ weiterbilden können, doch auch als Yoga-Ausübende kann man von dieser Literatur sicher profitieren, einerseits um seine eigene selbständige Heimpraxis zu vertiefen und andererseits um mehr Wissen darüber aufzubauen wie Yogastunden aufgebaut werden können und worauf dabei zu achten ist. 

Das Buch ist dabei sehr strukturiert aufgebaut und auch der Schreibstil ist auf den Punkt, gut verständlich und didaktisch sehr gelungen, ohne dass es irgendwo langwierig oder kompliziert wird, so dass sich Buch- obwohl es ein Fachbuch ist – sehr flüssig und unterhaltsam lesen lässt.

Das Buch beginnt mit einigen einführenden Kapiteln darüber was Sequencing überhaupt ist und lässt auch den philosophischen Hintergrund nicht zu kurz kommen. Dann wird erstmal das Thema Aufbau und Bestandteile einer Yoga-Stunde sehr detailliert inhaltlich beleuchtet, bevor es im folgenden Kapitel dann tatsächlich um Sequencing geht. Dabei werden erstmal verschiedene Schlüsselprinzipien und Aufbaumethoden vorgestellt, gefolgt von sehr ausführlichen Beispielen für  verschiedene Möglichkeiten des Sequencing (z.B. Sequencing nach Asana Kategorie, nach Chakren, Vayus und Bandhus, das Hinarbeiten auf eine Peak Position oder zu einem bestimmten Thema). Jedes Kapitel wird durch eine Beispiel Sequenz abgerundet, die grafisch durch Strichmännchen abgebildet wird und die man als Inspiration für eigene Yoga-Sequences nutzen kann, aber natürlich auch einfach mal selbst ausprobieren. Die Darstellung mit Strichmännchen hat mir dabei hervorragend gefallen, denn sie ist optisch ansprechend, eingängig und platzsparend.

Ich fand das Buch wirklich sehr gelungen, ich denke für alle Yoga-Lehrer:innen ist es ein hervorragendes Lehrbuch, aber auch etwas fortgeschrittene Yoga-Übende können dadurch viel für die eigene Praxis mitnehmen. Ich habe, da ich sehr viele verschiedene Online-Yoga-Klassen besuche (neben meiner Iyengar-Yoga Praxis im Studio) auch tatsächlich in meiner bisherigen Praxis fast alle der genannten Sequencing-Formen schonmal im Unterricht miterlebt, um so toller war es diese nochmal fachlich mit mehr Hintergrund aufbereitet zu bekommen. 

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Thriller-Tipp: „Die Lügen“ von Lesley Kara

Die Lügen“ von Lesley Kara ist ein britischer Psychothriller, der durch den interessanten Klappentext mein Interesse geweckt hat. Lizzie ist gerade mit ihrem Verlobten in ein neues Haus gezogen und eigentlich steht sie vor einem schönen Neuanfang. Ihre Kindheit war durch ihre schwere Epilepsie überschattet, wegen der sie in der Schule gemobbt wurde und oft eingeschränkt war. Außerdem wurde ihre Jugendzeit von einem schrecklichen Erlebnis überschattet, ihre beste und einzige Freundin Alice wurde an einem unbeschrankten Bahnübergang von einem Zug überfahren und Lizzie war dabei, kann sich aber aufgrund eines epileptischen Anfalls nicht daran erinnern was passiert ist. Doch diese Zeit scheint nun endgültig hinter ihr zu liegen, ihre Epilepsie ist medikamentös gut eingestellt, sie scheint den Mann fürs Leben gefunden zu haben, …

Doch dann holt die Vergangenheit Lizzie wieder ein, in Form von Alice’s großer Schwester Katherine, die Lizzie nach Alice’s mit offener Feindseligkeit begegnete. Ausgerechnet sie ist eine neue Kollegin von Lizzies Verlobten. Und warum bekommt Lizzie plötzlich komische Anrufe und Botschaften?

Mir hat der Thriller gut gefallen, alles spielt sich eher auf einer psychologischen Ebene ab, was mir gut gefallen hat, denn blutrünstige Thriller mag ich nicht wirklich. Auch ist die Geschichte mitreissend und interessant und wechselt zwischen der Gegenwart und Episoden aus Lizzies Kindheit ab, in denen man mehr über die Beziehung zwischen Lizzie und Alice erfährt. Zwar wirkt alles auf den ersten Blick etwas vorhersehbar, aber zum Ende hin nimmt die Geschichte dann doch noch eine ungewöhnliche Wendung, die sie aus dem Thriller Einheitsbrei heraushebt. Für mich eine Leseempfehlung für alle, die eher psychologische Spannung mögen.

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Buch-Tipp: „Rückkehr“ von Willi Achten

In „Rückkehr“ von Willi Achten kehrt der erwachsene Jakob in das Dorf seiner Kindheit in den bayerischen Alpen zurück. Warum erfährt der Leser nicht so richtig, nur dass Jakob seine Jugend im Dorf nie richtig verarbeitet hat. Über die Vergangenheit erfahren wir in Rückblenden mehr und mehr. Jakob, sein Vater und seine Freunde im Dorf waren links und umweltbewusst und die Pläne eines lokalen Unternehmers im Dorf die Spitze des Berges für eine neue Bergbahn zu sprengen, die dem Dorf zu mehr Tourismus und mehr Reichtum verhelfen soll, sind den jungen Menschen ein Dorn im Auge. Während sich der Widerstand gegen die Bergbahn immer mehr radikalisiert, entfernt sich Jakobs Mutter immer mehr von der Familie, sie versteht sich viel zu gut mit Jakobs gleichaltrigem Freund Bruno und Jakob hat einen unangenehmen Verdacht…außerdem ist er verliebt in Liv, die Tochter des lokalen Cafe-Besitzers, doch wieder scheint auch sein Freund Bruno es auf Liv abgesehen zu haben. Und selbst zu Jakobs Vater, einem Vogelliebhaber, scheint Bruno einen besseren Draht zu haben als Jakob. Zwischen Liebeswirren, Eifersucht und dem eskalierenden Konflikt durch die Bergbahn steuert alles auf einen dramatischen Höhepunkt hin.

Jahre später ist im Dorf wieder Ruhe eingekehrt und Jakob versucht seinen Frieden mit der Vergangenheit, mit Bruno und mit Liv zu finden.

Der Stil des Buches ist sehr poetisch und ruhig, eher melancholisch und es wird auch Natur- und Vogelbeschreibungen viel Raum gegeben. Das gibt dem Buch trotz der schwierigen Themen eine gewisse Leichtigkeit, die sich auch in dem sehr schönen Cover widerspiegelt. Trotzdem fand ich das Buch eventuell etwas zu überladen und etwas betont tiefgründig. So hat es mir zwar gut gefallen, aber vielleicht wäre bei der Geschichte etwas weniger noch mehr gewesen.

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Krimi-Tipp: „Der Tod der dreckigen Anna“ von Tina Seel

„Der Tod der dreckigen Anna“ von Tina Seel ist ein außergewöhnlicher Krimi. Aufmerksam wurde ich auf das Buch zuerst durch den auffälligen Titel und das interessant und wie ich finde einfach aber besonders attraktiv gestaltete Cover. Der Roman spielt in einem kleinen Dorf in der Pfalz im Jahr 1974 und basiert auf einem echten Mordfall, den die Autorin als Kind in ihrem eigenen Dorf miterlebte. Im Dorf wohnen 3 ältere Schwestern gemeinsam in einem Haus, etwas verwahrlost, etwas isoliert von den anderen Dorfbewohnern und als schrullig bis unangenehm bekannt. Innerhalb eines Jahres sterben zwei der Schwestern, zurück bleibt nur die etwas geistig behinderte Anna, die kaum spricht. Zwei Verwandte kümmern sich notdürftig um Anna, doch überwiegend lebt sie alleine im Haus der Schwestern und kommt mehr oder weniger zurecht. Am Heiligabend 1974 dann der Schock: als Anna nicht wie verabredet bei ihren Verwandten erscheint, finden diese sie ermordert und brutal zugerichtet in ihrem Haus vor.

Der Krimi wird dann auf verschiedenen Zeitebenen erzählt: in der Gegenwart versuchen die Kriminalpolizisten dem Täter auf die Spur zu kommen, außerdem wird schnell klar wie sehr dieser brutale Mord das Gleichgewicht in der eingeschworenen Dorfgemeinschaft durcheinander bringt. Dazwischen werden die Jahre und Monate bis zur Tat erzählt und wer der Täter ist bleibt dementsprechend dann auch nicht lange ein Geheimnis für den Leser. Um die Mördersuche wie in einem klassischen Krimi geht es aber in diesem Buch auch nicht, stattdessen stehen die Entwicklung des Täters und die Dorfbewohner im Mittelpunkt, es handelt sich also wohl eher um eine Mischung aus Psychogram und Dorfroman. Dazu kommt eine teilweise etwas derbe, aber authentische Sprache, die einen gefühlt direkt ins Jahr 1974 zurückversetzt und die den Roman besonders charmant aber auch eindringlich macht. Etwas überrascht war ich entsprechend auch wie sehr mich das Geschehen teilweise „mitgenommen“ hat, was vor allem daran liegt, wie überzeugend und plastisch die Autorin das Innenleben des Mörders gezeichnet wird, es gruselt einen teilweise richtig vor ihm. Für mich ist dieser Roman eine wirklich beeindruckende Debüt-Leistung der Autorin, die aus dem 08/15 Krimi-Material sehr positiv heraussticht.