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Buch-Rezension: „Die Infantin trägt den Scheitel links“ von Helena Adler

„Die Infantin trägt den Scheitel links“ von Helena Adler ist ein Weiteres der Bücher, die ich als Lesestoff von der Longlist des Deutschen Buchpreises ausgewählt habe. Angesprochen haben mich an dem Buch das sehr kreative und auffällige Cover, sowie der Titel, die zusammen einen etwas provokanten Eindruck machen und meine Neugierde auf das Buch geweckt haben.
Die Titelheldin ist die jüngste Tochter einer österreichischen Bauernfamilie, zur Familie gehören noch 2 bösartige eiskunstlaufende ältere Zwillingsschwestern (denen eine gewisse Ähnlichkeit zu den bösen Stiefschwestern aus Dornröschen nicht abzusprechen ist), die die Hauptperson regelmäßig piesacken, sowie die religiöse Mutter und der als Gegenpol Religion strikt ablehnende Vater, der dafür einen Hang zur Esoterik hat.

Die Infantin schafft es im zarten Alter von 6 Jahren versehentlich den Hof der Eltern fast komplett abzubrennen, danach bleibt die Familie mit einer Rest-Landwirtschaft immer nah am Rande der Insolvenz, schafft es aber irgendwie immer über die Runden zu kommen. Das Buch, das man wohl am Ehesten als eine Persiflage auf den klassischen „Heimatroman“ sehen kann, schildert Kindheit und Jugend der jüngsten Tochter mit einer derben und trotzdem blumigen Sprache, die einerseits altmodisch klingt, andererseits das Geschehen durch viele Anspielungen an die Popkultur in einen modernen Zeitrahmen setzt (verliebt ist die Infantin in Brandon aus Beverly Hills 90210, aufwachsen tut sie mit KITT aus Knight Rider, vom Alter her dürfte sie also wie ich in den 70ern geboren sein). Die Kindheit wirkt dabei mehr wie ein Kampf: gegen die Schwestern, gegen die Eltern, gegen die anderen aus dem Dorf und später gegen Perspektivlosigkeit in der Jugend.

Das Buch ist durchaus unterhaltsam, allerdings fehlt gelegentlich etwas der Rote Faden und auf Dauer fand ich die Sprache dann doch etwas zu anstrengend, vor allem da sie etwas den Eindruck erweckt, als sei sie als Stilmittel doch etwas Mittel zum Zweck, quasi die „Hauptsache“ des Buches, das dadurch mehr durch seinen ungewöhnlichen Stil als durch Inhalt überzeugt. Das war mir irgendwie dann doch etwas zu wenig, so dass ich das Buch als „kann man lesen, muss man aber nicht“ einordnen würde. Auf meine persönliche Buchpreis-Longlist des Jahres 2020 hat das Buch es damit nicht ganz geschafft, trotzdem ein ungewöhnliches Leseerlebnis.

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Thriller Tipp – „Wenn das Licht gefriert“ von Roman Klementovic

„Wenn das Licht gefriert“ ist ein Psychothriller des österreichischen Schriftstellers Roman Klementovic.
Vor vielen Jahr verschwand die 18-jährige Anna nach ihrer Geburtstagsparty spurlos, Tage später wurde ihre Leiche im Wald gefunden. Der Täter wurde nie gefasst, zusätzlich schien in der Gegend auch noch ein weiterer Psychopath sein Unwesen zu treiben, der immer wieder Menschen überfiel unter verprügelte.

Jahrzehnte später sind Annas Eltern immer noch nicht über den Verlust hinweg und auch Elisabeth, die Mutter von Annas bester Freundin Valerie konnte die schlimmen Ereignisse von damals nie wirklich vergessen. Dann dreht auch noch ein TV-Sender eine reisserische TV-Reportage über den Fall. Elisabeth schaut die TV-Sendung zusammen mit ihrem an Alzheimer erkrankten Mann und ist geschockt als dieser bisher unbekannte Dinge über die damalige Mordnacht erzählt. Hat er etwa etwas mit dem damaligen Mord zu tun oder sind das nur wirre Gedanken eines dementen Mannes?

Da Elisabeth nicht zur Ruhe kommt, fängt sie auf eigene Faust an Nachforschungen anzustellen und löst eine Kette von Ereignissen aus, die bald lebensgefährlich werden.

Generell habe ich mit dem Genre Thriller etwas Probleme, vor allem bei deutschsprachigen Thrillern, da diese mir oft zu reißerisch sind. Hier fand ich die Ausgangsidee aber mal richtig spannend, so dass ich dem Genre mal wieder eine Chance geben wollte. Grundsätzlich wurden meine Erwartungen auch nicht enttäuscht, die Story beginnt sehr spannend und man wird sofort in die Geschichte hineingesogen. Das bleibt im Prinzip auch so bis zum Ende, allerdings wurde es mir in Teilen dann doch wieder zu klischeehaft, da etwas zu viele konstruierte „überraschende Wendungen“ auftauchten und hier und da einiger der typischen „Frau hört nachts komisches Geräusch im Keller und geht natürlich alleine nachsehen“ Momente. So fand ich die 2. Hälfte nicht mehr ganz so stark wie die Erste, aber trotzdem war es ein sehr solider unterhaltsamer Thriller. Zu reißerisch und blutig wurde es auch keineswegs, es ist eher etwas für Leute, die es etwas subtiler mögen.

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Buch-Tipp: „Triceratops“ von Stephan Roiss

Nachdem ich letztes Jahr gute Erfahrungen damit gemacht habe, habe ich mir auch dieses Jahr wieder vorgenommen mindestens ein Buch von der Nominierungsliste für den Deutschen Buchpreis zu lesen. Letztendlich habe ich mich sogar für zwei entschieden und „Triceratops“ von Stephan Roiss ist das Erste davon.

Das Buch erzählt von einer Kindheit in Österreich, erzählt aus der Perspektive eines kleinen Jungen, der in nicht ganz einfachen Verhältnissen aufwächst und in der ganze Geschichte aus nicht näher erklärten Gründen in der „Wir“ Form von sich spricht. Das ist am Anfang für einen kurzen Moment verwirrend, dann fühlt es sich völlig natürlich an. Der Vater ist die einzige mehr oder weniger stabile Komponente in der Familie, die Mutter hat mit psychischen Problemen zu kämpfen, muss immer mal wieder in die geschlossene Abteilung. Der Junge wird dann gern zur „Aschbach-Großmutter“ abgeschoben, die ziemlich ursprünglich mit einer kleinen Rest-Landwirtschaft lebt. Ist die Mutter zuhause lässt sie sich wenn es ihr schlecht geht dagegen oft von ihren kleinen Sohn umsorgen, eine Verdrehung der Rollen, die das Kind stark belastet. Die große Schwester hat einen Hang zum Auslöschen von Spielzeug und Haustieren, scheint aber später zunächst mal die Kurve zu kriegen. Als sie zu ihrem Freund zieht und den sogar recht früh heiratet, verliert auch der Junge den Kontakt zu seinen Eltern immer mehr und flüchtet zu Punker-Freunden oder schläft im Freien. Bis eine große Katastrophe passiert…

Die Hauptperson hat also mit allen möglichen Problemen zu kämpfen und zeichnet wohl auch deswegen seit der frühen Kindheit Monster aller Art, auch Dinosaurier haben es ihm angetan und vor allem die Dickhäutigkeit des Triceratops. Sich selbst so einen „dicken Panzer“ zuzulegen klappt aber mehr schlecht als recht und ob er sich aus physischen oder psychischen Gründen selbst so sehr kratzt bis seine Haut blutig ist, kann nach einigen Jahren auch keiner mehr sagen. Wir erleben diese komplizierte Kindheit von den jüngsten Jahren bis zum Teenageralter mit, die schwierige Familiensituation, Mobbing in der Schule, Rebellion und die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Familie. auch wenn die Geschichte weder fröhlich noch schön ist, ist sie trotzdem mitreissend, ich habe das Buch innerhalb von zwei Abenden verschlungen. Der namenlose Junge wächst einem im Laufe des Buches ans Herz, auch wenn er als Teenager nicht unbedingt „liebenswert“ ist und die ganze Geschichte ist authentisch und berührend, tragisch und trotzdem nicht zu deprimierend.