Bücher

Frankfurter Buchmesse 2022

Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal die Frankfurter Buchmesse besucht. Eine gute Freundin von mir geht schon seit mehreren Jahren als Bloggerin (http://www.glimrende.de) zur Buchmesse und nach der langen Corona Pause ohne größere Veranstaltungen hatte ich große Lust auch einmal mitzukommen. Da ich vor Corona noch nie dort war, kann ich nicht wirklich vergleichen wie es im Vergleich zu 2019 war, aber laut meiner Freundin ist es weitgehend wieder wie vorher, außer dass die Gänge etwas breiter sind, die Showküche noch fehlt und die Stände teilweise vorher noch etwas spektakulärer waren (letzterer kann aber auch der Inflation- und Energiekrise geschuldet sein, da auch die Kosten für Messestände und -Materialien sicherlich ziemlich explodiert sind). 

Meine Spontankäufe von der Buchmesse

Da es mein erster Besuch auf der Buchmesse war, habe ich mir zwar einige interessante Veranstaltungen und Vorträge rausgeschrieben, bin aber mit dem Plan hingefahren, es eher locker angehen zu lassen und mir erstmal in Ruhe einen Überblick zu verschaffen. Entsprechend habe ich den Freitag vormittag also genutzt, um erstmal durch die drei größten Hallen (mit Fokus Romane und Sachbuch) zu schlendern und mich in die verschiedenen Verlage zu vertiefen. Trotzdem konnte ich mir am „Blauen Sofa“ auch zwei sehr interessante Gespräche anhören. Einmal mit Daniela Dröscher, der Autorin des für den Deutschen Buchpreis nominierten autobiografisch geprägten Romans „Lügen über meine Mutter“. Das Buch habe ich schon auf meinem Kindle auf der „To Read“ Liste, allerdings habe ich es vor der Buchmesse nicht mehr geschafft, es schon zu lesen. So konnten die Ausführungen der Autorin zu Body Shaming und dem komplizierten und missbräuchlichen Verhältnis ihres Vaters zu ihrer Mutter meine Vorfreude auf das Buch aber nochmal verstärken. 

Interview am „Blauen Sofa“

Das zweite Autor:innen Interview war mit Karen Duve über ihren Roman „Sisi“. Hier war es so, dass dieses Buch eigentlich nicht wirklich mein Interesse geweckt hatte, denn mit Sisi konnte ich noch nie besonders viel anfangen (schon gar nicht mit der von Romy Schneider gespielten verklärten 50er Jahre Film-Version). Erst durch das Gespräch wurde mir aber klar, dass der Roman nur ca. 2 Jahre aus Sisis Leben intensiv beleuchtet und dabei auch noch 2 Jahre in denen Sisis Leidenschaft für Reitjagden eine signifikante Rolle spielt. Für mich als Pferde- und Reitfan also vielleicht doch ein lesenwertes Buch (auch Karen Duve ist passionierte Pferdefreundin, wie sie in dem Interview verriet).

Karen Duve spricht über ihren Roman „Sisi“

Den Nachmittag lies ich dann nach einem Mittagessen an den Food Trucks im Innenhof der Buchmesse gemeinsam mit meiner Freundin ausklingen. Von den verschiedenen Verlagen ist mir vor allem die sehr prominente Werbung für Sebastian Fitzek in Erinnerung geblieben, sicher auch einer der populären „Mainstream-Hauptattraktionen“ . Ich selbst fand die meisten Mainstream-Lieblinge (und Spontankäufe) beim Kosmos-Verlag. Außerdem warfen wir noch einen kurzen Blick auf die Signierstunde von Vanessa Mai. Insgesamt war dieser erste Tag sehr inspirierend und ich habe eine lange Liste an Büchern gesammelt, die ich in Zukunft noch lesen oder verschenken möchte.

Abends mussten wir dann auch feststellen, dass ein Besuch der Buchmesse anstrengender ist als zum Beispiel eine ganztägige Bergwanderung in alpinem Gelände, so dass wir nach einem kurzen Aufenthalt in der Hotelbar schon um ca. 21 Uhr völlig ermüdet im Hotelzimmer saßen. 

Vor dem Samstag auf der Buchmesse habe mich meine Freundin schon „gewarnt“, durch die hohen Besucherzahlen ist die Messe an diesem Tag doch sehr überlaufen (leer war es am Freitag auch nicht grade, aber das Durchschlendern hat zumindest noch Spaß gemacht). Glücklicherweise hatten wir an diesem Tag ein „externes“ Messeprogramm, wir waren zu einer historischen Stadtführung durch die Frankfurter Altstadt mit der Autorin und Historikerin Julia Kröhn eingeladen, ganz unter dem Motto ihres Romans „Die Gedanken sind frei – Eine unerhörte Liebe“, der im Nachkriegs-Frankfurt spielt.

Julia Kröhn bei der literarischen Stadtführung

Julia Kröhn führte uns und eine bunte Mischung aus Blogger:innen und Leser:innen sehr kompetent, unterhaltsam, sympathisch und historisch fundiert an einige Originalschauplätze des Buches, gleichzeitig eine großartige Art und Weise die Stadt kennen zu lernen. Da ich zuletzt irgendwann 2006 oder 2007 beruflich kurz in Frankfurt war, kannte ich die neu gestaltete „Altstadt“ auch noch gar nicht und war von der Architektur sehr beeindruckt.

Licht und Schatten in Frankfurt

Zusätzlich hatten wir auch noch traumhaftes Sonnenwetter. Abgerundet wurde die Stadtführung durch ein gemeinsames Kaffee-Trinken und Kuchen-Essen mit Austausch zum Buch und zur Führung in einem Café am Frankfurter Dom. Nochmal einen herzlichen Dank an den Blanvalet-Verlag und Julia Kröhn für die tolle Gelegenheit.

Eine tolle Erinnerung an einen besonderen Tag

Danach kehrten wir noch einmal kurz zur Buchmesse zurück um etwas zu essen (und die beeindruckenden Kostüme der Cosplayer:innen zu bewundern).

Zum Abschluss hatten wir noch Gelegenheit im „Forum“ einen kurzen, aber sehr lehrreichen und eingängigen Talk mit Tupoka Ogette zu ihrem Anti-Rassismus Buch „Und jetzt Du – Antirassistisch leben“ zu hören, von dem sich jeder angesprochen fühlen sollte.

Talk mit Tupoka Ogette

Insgesamt eine tolle erste Buchmesse für mich, eine Erfahrung die ich auf jeden Fall in den nächsten Jahren wiederholen möchte! 

Bücher

Buch-Tipp: „Wilderer“ von Reinhard Kaiser-Mühlecker

Seit einigen Jahren habe ich es mir zur Tradition gemacht jedes Jahr eines oder mehrere Bücher zu lesen, die für den Deutschen Buchpreis nominiert wurden. Dieses Jahr habe ich mich aus dieser Liste als Erstes für „Wilderer“ von Reinhard Kaiser-Mühlecker entschieden, einen österreichischen Roman.

Im Mittelpunkt des Buches steht der junge Bauer Jakob. Er lebt auf dem Bauernhof seiner Familie, ist ein stoischer Typ, der wenig Gefühle zeigt und nicht gut mit Menschen kann, ein Eigenbrötler, der zudem verunsichert ist und ein geringes Selbstbewusstsein hat. Außerdem spielt er einmal im Jahr Russisch Roulette, warum erfährt der Leser zunächst nicht. Sein Vater ist ein Hallodri, der den Hof runtergewirtschaftet hat, die Oma wollte ihr Geld „der rechten Partei“ vermachen, anstatt Jakob damit eine Starthilfe für die Übernahme des Hofes zu geben, die sprunghafte Schwester Sophie geht Jakob auf den Keks und sein Bruder den er als Kind bewundert hat, ist inzwischen ein etwas übergewichtiger Städter. Während Jakob sich mit Hilfsarbeiten durchschlägt, verkommt der Hof immer mehr und Jakobs Geschäftsideen enden oft ähnlich erfolglos wie die seines Vaters. Jakobs Liebesleben besteht aus gelegentlichem Wischen auf Tinder und nicht mal seine Hunde hat Jakob im Griff.

Doch als Jakob Katja kennenlernt, eine junge Künstlerin, die aufgrund eines Stipendiums einige Zeit im Schulhaus wohnt, dass Jakob für die Gemeinde renovierte, scheint sich sein Schicksal zu wenden. Die beiden verlieben sich auf unspektakuläre Weise ineinander und Katja scheint überraschenderweise wie gemacht fürs Landleben und nimmt auch geschäftlich alles resolut in die Hand, während auch Jakob im Team mit ihr an Selbstbewusstsein gewinnt. Und plötzlich läuft alles glatt mit dem Hof. Obwohl Jakob bleibt wie er immer war, gefühlskalt, unempathisch, verstockt, rückwärtsgewandt und immer etwas misogyn scheint Katja ihn trotzdem zu lieben. Doch richtig sicher ist sich Jakob der Sache nie und auch seine dunkle Seite kann er nicht dauerhaft kontrollieren.

Der Schreibstil des Romans ist klar und präzise, ohne große Schnörkel und ohne große Gefühle, denn man liest die ganze Geschichte aus Sicht von Jakob und außer Wut und Hass, die unter der Oberfläche schwelen, zeigt dieser selten Gefühle und wenn dann auf eine sehr unbeholfene Weise. Das könnte ein sehr deprimierender Roman werden, doch trotzdem schafft es der Autor, das man irgendwie mit Jakob mitfiebert, trotz des latent bedrohlichen Untertons der Geschichte und Jakobs eher unzugänglichem Charakter. Für mich ein sehr authentischer Roman, mit glaubwürdigen Charakteren, der mich absolut überzeugt hat und der die Nominierung für den Deutschen Buchpreis auf jeden Fall verdient hat.

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Buch-Tipp: „Liebe Sophie, Liebe Valborg“ von Selma Lagerlöf

Ich bin ein großer Fan von Biografien und Autobiografien und habe auch schon gute Erfahrungen mit veröffentlichen Briefen von historischen Persönlichkeiten gemacht. Deswegen fiel mir das Buch „Liebe Sophie – Liebe Valborg“ von Selma Lagerlöf sofort ins Auge. Selma Lagerlöf ist den meisten Menschen in Deutschland vermutlich vor allem durch Nils Holgersson bekannt, außerdem war sie die erste Frau, die den Literaturnobelpreis verliehen bekam.

Dieses Buch befasst sich nun mit einer eher privaten Seite von Selma Lagerlöf, nämlich mit ihrer romantischen Beziehung zu gleich zwei Frauen gleichzeitig, die ihr Leben über Jahrzehnte begleiteten. Sophie Elkan war eine Schriftstellerkollegin von Lagerlöf, mit der sie sich intensiv über die jeweiligen Werke austauschte.
Valborg Olander half Selma Lagerlöf bei der Abschrift ihrer Werke und mit ihrer Korrespondenz. Mit beiden Frauen führte Selma Lagerlöf einen ausführlichen Briefwechsel, der Jahrzehnte überdauerte und sehr intim war. Im Buch abgedruckt sind lediglich Briefe von Selma Lagerlöf, nicht die Antworten ihrer Freundinnen. Zu jedem Brief gibt es immer einen kleinen erklärenden Text zu Hintergründen oder zum Kontext.

Einerseits ist es sehr unterhaltsam zu lesen, wie Selma Lagerlöf versucht mit den Bedürfnissen ihrer beiden sehr unterschiedlichen Freundinnen zu jonglieren und versucht vor allem die Eifersucht von Sophie Elkan auf Valborg Olander zu beschwichtigen (auch wenn dieser Charakterzug von Selma Lagerlöf nicht unbedingt immer 100% sympathisch rüberkommt, so doch immerhin sehr menschlich). Andererseits erfährt man ebenfalls sehr viel über die Alltagssorgen der Menschen Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts (zugebenermaßen den Alltagssorgen eher privilegierter Menschen), die politischen Ereignisse und die Arbeit an den Büchern der Schriftstellerin. Mir hat das Buch wirklich hervorragend gefallen und ich würde es jedem empfehlen, der Interesse an Selma Lagerlöf hat, mehr über sie lernen möchte oder der Spaß an historischen Briefwechseln hat. Bei mir hat das Buch sehr viel Lust darauf geweckt mehr über und von Selma Lagerlöf zu lesen.