Bücher

Krimi-Tipp: „Die letzte Party“ von Claire Mackintosh

„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh ist der Auftakt einer neuen Krimi-Reihe. An einem abgelegenen See an der Grenze zwischen Wales und England hat der bekannte Klassik-Sänger Rhys Lloyd gemeinsam mit einem Kumpel eine exklusive Luxus-Ferienanlage neu aufgebaut, auf dem Seegrund, den er von seinem Vater geerbt hat. Er selbst stammt aus dem nahegelegenen Dorf. An Silvester gibt er eine große Party für alle Bewohner der Anlage und auch für die alteingesessenen Bewohner des nahegelegenen Ortes, die der Ferienanlage für reiche Engländer kritisch gegenüber stehen. Doch am Morgen nach der Party wird Rhys Lloyd tot im See gefunden. Der Liverpooler Polizist Leo wird an den Tatort geschickt, wo er peinlicherweise auf seinen One Night Stand aus der Silvesternacht trifft, die Dorfpolizistin Ffion Morgan, die fast alle Besucher der Party und den Ermordeten kannte. Dieser hatte so viele Feinde, dass die Zahl der möglichen Verdächtigen ausgesprochen umfangreich ist. 

Auch wenn der Roman eine für meinen Geschmack eher Thriller-artige Cover-Aufmachung hat, handelt es sich um einen klassischen Ermittlungskrimi, die Polizisten befragen Zeugen, mit der Zeit erfährt man immer mehr über die verschiedenen Personen, die das Luxusressort bewohnen und über Rhys Lloyd Verbindungen zu den Dorfbewohnern und seine Vergangenheit. Die beiden Ermittler Leo und Ffion sind dabei eine interessante und kreative Kombination (auch wenn das Thema „Polizisten-Duo mit privaten Problemen“ in Krimis natürlich etwas ausgelutscht ist). Auch der Kriminalfall ist sehr interessant und komplexer als die Aufmachung des Buches vermuten lässt. Die Geschichte springt in der Zeit zwischen den aktuellen Ermittlungen und den Monaten vor der fatalen Silvesterfeier hin und her, so dass sich nach und nach herauskristallisiert was mit Rhys Lloyd passiert ist und warum so viele Leute etwas gegen ihn hatten. Auch das Setting in Wales und Walisischen Namen geben dem Krimi etwas Besonderes, da ich nach meiner Erinnerung noch keine Krimis gelesen habe, die in Wales spielen. 

Aus diesem Grund hat mir der Krimi insgesamt sehr gut gefallen und ich kann mir gut vorstellen weitere Krimis aus der Reihe zu lesen. 

Bücher, Hörbuch

Hörbuch-Tipp: „Der Aufstieg“ von Amy McCulloch

„Der Aufstieg“ von Amy McCulloch ist ein Hörbuch-Thriller, den ich mir vor allem wegen der Hintergrund-Thematik ausgesucht habe, denn das Buch spielt in eisiger Höhe, auf einem 8000er, dem Manaslu in den Anden. Der Manaslu ist der achthöchste Berg der Welt und ich fand die Idee eines Thrillers im Bergsteiger-Milieu sehr spannend, da ich auch Interesse daran hatte, mehr darüber zu erfahren wie es ist einen solch hohen Berg zu besteigen. Eine kurze Recherche zur Autorin ergab, dass sie wohl auch definitiv weiß worüber sie schreibt, denn Amy McCulloch ist laut ihrer Biografie die jüngste Kanadierin der es gelang den Manaslu zu besteigen.

Im Mittelpunkt des Buches steht die junge Journalistin Cecily Wong. Sie bekam überraschend die einmalige Gelegenheit den Bergsteiger-Superstar Charles McVeigh zu interviewen, der es sich als Ziel gesetzt hat alle 14 Achttausender im Alpinstil (ohne Hilfsmittel) zu besteigen. Allerdings hat der Auftrag einen Haken: Cecily bekommt das Interview erst wenn sie gemeinsam mit Charles und seinem Team den Manaslu Gipfel erreicht. Diese einmalige Gelegenheit beruflich durchzustarten will sich Cecily nicht entgehen lassen, obwohl ihre eigene Bergsteiger:innen Karriere bisher vor allem durch Selbstzweifel und Misserfolge geprägt war. 

Mit im Team sind außer Cecily noch diverse Sherpas, der etwas mürrische aber erfahrene Guide Doug, eine Influenzerin, einige weitere Einzelkämpfer und natürlich Charles, der aber erst später zum Team stößt. Doch die Expedition scheint unter keinem guten Stern zu stehen, kaum im Base Camp angekommen, verunglückt ein Bergsteiger tödlich noch bevor es überhaupt losgeht. Und das ausgerechnet kurz nachdem er Cecily von einem anderen mysteriösen Todesfall bei einer früheren Expedition erzählt hat. Cecily hat kein gutes Bauchgefühl und je länger und höher die Expedition steigt, desto unheimlicher und bedenklicher werden die Geschehnisse.

Das Hörbuch hat auf jeden Fall meine Erwartungen mehr darüber zu erfahren wie eine 8000er-Besteigung abläuft voll erfüllt und hat mich in diesem Bereich auch sehr viel gelehrt und gleichzeitig hervorragend unterhalten. Ein zweiter großer Pluspunkt ist die Sprecherin Britta Steffenhagen, die die Geschichte sehr dynamisch, lebendig und mitreissend liest. Dank ihrer Performance habe ich das Hörbuch innerhalb kürzester Zeit verschlungen und hatte viel Spaß damit. Ob auch Thriller-Fans 100% zufrieden sind, ist die andere Frage. Die Autorin schrieb bisher vor allem Jugendbücher, „Der Aufstieg“ ist ihr erster Thriller für Erwachsene und ganz so düster und nervenzerreißend ist er dann aber doch nicht geraten. Auch kommen die meisten Neben-Charaktere etwas blass daher und auch sprachlich ist das Buch nicht immer gerade ein Meisterwerk (etwas amüsant wie oft Doug „mit düsterem Blick ein Zelt betritt“ oder „Das Herz in Cecilys Brust hämmert“). Wenn man aber keine überdurchschnittliche Thriller-Kost, sondern nur eine unterhaltsame Geschichte mit coolem Setting erwartet, kann das Buch hervorragend unterhalten.

Bücher

Buch-Tipp: „Unser geteilter Sommer“ von Sophie Hardach

„Unser geteilter Sommer“ von Sophie Hardach befasst sich mit einem Thema der Deutschen Zeitgeschichte, das noch gar nicht so lange her ist, aber mir in der Literatur bisher noch gar nicht begegnet ist. Ella stammt aus Ost-Berlin, lebt aber heute als Künstlerin in England, genau wie ihr jüngerer Bruder. Nach dem Tod der Mutter findet Ella Dokumente, die sie zurück in die Vergangenheit katapultieren, ins Jahr 1987, als Ellas Eltern versuchten mit ihren drei Kindern aus der DDR zu fliehen. Ein schicksalhafter Tag nachdem nichts mehr war wie zuvor. Ellas Mutter landete im DDR-Gefängnis Hohenschönhausen, der Vater verstorben, die beiden älteren Kinder werden von den Großeltern aufgezogen und Ellas jüngster Bruder Heiko wurde der Familie entzogen und adoptiert. Erst nach der Wende kann Ella ihre Mutter wiedersehen. Diese zog mit den beiden älteren Kindern nach Großbritannien, doch nie gab sie die Hoffnung auf herauszufinden was aus Heiko geworden ist. Nach ihrem Tod entschließt sich Ella nach Berlin zu reisen und einen letzten Versuch zu starten.

Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen. Einerseits wird Ellas Suche nach der Vergangenheit geschildert, sie spricht mit Behördenvertretern, ehemaligen Mitgefangenen ihrer Mutter und versucht auf jede erdenkliche Weise an Informationen über ihren Bruder Heiko zu kommen. Dabei lernt sie Aaron kennen, der als Praktikant alte Stasi-Akten wieder zusammensetzt und bittet ihn um Hilfe…dieser Teil der Geschichte ist spannend und dass die Geschichte teilweise aus Sicht von Aaron erzählt wird, ergibt ein ganz neuen und sehr interessanten Blickwinkel auf die Stasi-Machenschaften und Stasi-Akten. Diese Idee hat mir ausnehmend gut gefallen.

Außerdem wird die Geschichte der Familie aus Sicht des Kindes Ella im Sommer 1987 erzählt. Ella ist eigentlich ein recht glückliches Kind, das an seinem Leben in der DDR nichts auszusetzen hat. Die Eltern sind Kunsthistoriker und vor allem Ellas Mutter hadert mit den eingeschränkten Möglichkeiten und der eingeschränkten Kunstfreiheit in der DDR, während ihre Mutter – Ellas Großmutter – von den Idealen der DDR zu 100% überzeugt ist. Auch dieser Teil der Geschichte hat mich zu 100% überzeugt, Ellas kindlicher Blick ist voller Leben und Farbe und man fühlt sich direkt in die sehr sympathische Geschichte zurückversetzt.

Insgesamt schafft das Buch den Spagat sowohl spannend und unterhaltsam, aber auch berührend zu sein und diesen Teil der Deutschen Geschichte auf sehr kurzweilige Art und Weise, aber trotzdem tiefgründig zu vermitteln.

Bücher, Hörbuch

Hörbuch-Tipp: „Happy New Year“ von Malin Stehn

Heute möchte ich eines meiner Hörbuch-Highlights von 2022 vorstellen, den schwedischen Thriller „Happy New Year“ von Malin Stehn. Aufmerksam wurde ich auf das Hörbuch vor allem durch das sehr auffällige pinke Cover, das frisch und auffällig wirkt. Da auch der Klappentext nach etwas Abwechslung von typischer Thrillerkost (wie z.B. Serienmörder entführt und tötet Frauen) klang, griff ich zu und habe die Wahl auch nicht bereut.

Der Startpunkt des Thrillers ist eine Silvesterfeier in Malmö. Das Ehepaar Nina und Frederik sind bei ihren alten Jugendfreunden Lollo und Max eingeladen, während ihre 17-jährige Tochter Smilla zusammen mit Lollos und Max Tochter Jennifer das erste Mal im Zuhause von Nina und Frederik eine eigene Silvesterparty feiern dürfen. Nina hat ein schlechtes Bauchgefühl dabei, aber was soll schon passieren.
Während die Party der Erwachsenen aufgrund einiger betrunkenen Ausfälle von Max nicht besonders harmonisch ausfällt, kommt das böse Erwachen erst am Folgetag. Jennifer hat die Party der Teenager schon vor Mitternacht verlassen, kam aber nie zuhause an. Ihr Verschwinden ist ein Schock und warum verhält sich Frederik seit der Nacht so komisch? Das Buch schildert die Monate nach der verhängnisvollen Silvesternacht, aber auch einige Rückblicke, die die Beziehungen zwischen den Freunden und Familien erklären. Als Leser:in weiß man immer etwas mehr als die Charaktere, aber trotzdem gibt es noch viele Überraschungen und Wendungen.

Es ist natürlich immer schwierig zu sagen, ob einem ein Buch als Hörbuch oder selbst gelesen besser gefallen würde, da der Vergleich ja fehlt. Trotzdem ist „Happy New Year“ eins der Bücher, wo ich vermute, dass es als Hörbuch besonders gut zur Geltung kommt. Denn die Geschichte wird aus Sicht von 3 Personen erzählt – Frederik, Nina und Lollo – und entsprechend hat das Hörbuch auch 3 Sprecher, was dem ganzen sehr viel Dynamik verleiht und die ganze Geschichte sehr lebendig wirken lässt. Man kann sich sehr gut in die Personen hineinversetzen und die jeweiligen Perspektivenwechsel wirken sehr natürlich und authentisch.

Gibt es an dem Buch nun auch etwas zu kritisieren? Keine Kritik, aber für Fans von eher klassischen Spannungs-Thrillern (z.B. Sebastian Fitzek) ist das Buch eventuell nicht geeignet, denn es handelt sich eher um einen psychologischen Thriller, der den Fokus ganz auf die Geheimnisse und Abgründe hinter einigen eigentlich spießigen und bodenständigen Mittelstandsfamilien legt.
Außerdem sind die Charaktere allesamt nicht unbedingt Sympathieträger (vor allem die ich-bezogene und selbstgerechte Nina kann einem doch ganz schön auf die Nerven gehen), wer also gerne Bücher liest, bei denen er sich mit den Charakteren besonders gerne identifizieren oder mitleiden kann, ist vielleicht auch nicht 100% abgeholt. Aber davon abgesehen hat mich der Roman wirklich begeistert und extrem gut unterhalten.