„Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde ist ein Buch von dem ich im Vorfeld schon recht viel gelesen und gehört hatte.
Das Buch erzählt (in abwechselnden Kapiteln) drei verschiedene Geschichten in 3 verschiedenen Zeitebenen, die aber alle ein gemeinsames Thema haben: die Bienen und ihre Auswirkungen im Kleinen auf die Protagnisten des jeweiligen Abschnitts und auf die Menschheit im Großen.
Der erste Teil spielt im Jahr 1852. Der Biologe und Naturforscher William hat eine Sinnkrise, träumte es ihm doch am Beginn seiner Berufskarriere von dem großen Durchbruch als Forscher und von großem Ruhm und Anerkennung. Stattdessen hat er zwar eine Menge Nachkommen produziert und verdient seinen Lebensunterhalt aus seiner Sicht mehr oder weniger sinnlos als Händler…für seine Forschung blieb neben Alltag und Familie aber fast keine Zeit mehr, so dass er in eine tiefe Depression gefallen ist (zu Beginn des Besuches verlässt er nicht mal mehr das Bett). Doch dann erlebt nochmal einen kreativen Aufschwung und träumt dann als Erschaffer eines modernen Bienenstocks in die Geschichte einzugehen.
Der zweite Teil spielt 2006 in den USA: der Bienenfarmer Henry, der die jahrzehntelange Tradition seiner Familie weiterführt, hofft, dass auch sein Sohn einmal seine Farm übernehmen wird, für die seine ganze Leidenschaft schlägt. Doch der studiert stattdessen Journalismus und seine Frau würde auch lieber im Ruhestand
nach Florida ziehen als noch Jahre auf der Farm zu verbringen. Eine Horrorvorstellung für Henry. Als wäre das nicht genug, werden in den USA zunehmend mehr Bienenfarmen von einem merkwürdigen Bienen-Sterben (oder besser gesagt Bienen-Verschwinden) befallen…
Der letzte Teil spielt in der Zukunft, im Jahr 2098, in China. Die Bienen sind inzwischen komplett von der Erde verschwunden, ein Großteil der Menschen ausgestorben.
Nur China geht es noch relativ gut, denn das Land hat es rechtzeitig geschafft mit Hilfe einer großen Disziplin und kollektiven Arbeitsleistung aller auf Handbestäubung umzustellen. Der Preis dafür ist aber hart, jeder Bürger ab einem Alter von 8 Jahren muss täglich 12 Stunden im Feld und auf Bäumen arbeiten, einen freien Tag gibt es nur alle paar Monate. Für die gebildete Tao ist es eine Horrorverstellung, dass ihr 3-jähriger Sohn auch schon in wenigen Jahren in diesem Alltag landen wird und versucht deswegen ihn mit so viel Bildung zu überschütten, damit er eine Chance auf eine der wenigen anderen Karrieren im Land bekommt. Doch ihre Träume finden ein jähes Ende als es bei einem harmlosen Familienausflug an einem der wenigen freien Tag zu einem merkwürdigen Unglück kommt.
Am Anfang des Buches wirken die 3 Handlungsstränge (bis auf das Bienenthema) völlig autark, bis zum Ende des Buches wird aber schlüssig ein Bogen zwischen den 3 Geschichten gespannt, die ich aber sowieso auch alle 3 für sich alleine überzeugend fand. Dem Buch gelingt es sehr gut, die Familiengeschichten gefühlvoll in den Mittelpunkt zu rücken und aber auch das große gesellschaftspolitische Thema überzeugend damit zu verknüpfen. Einerseits geht es in dem Buch sehr viel darum was für (oft unerfüllbare) Erwartungen Eltern an ihre Kinder richten und was in der Realität daraus wird, andererseits gelingt es dem Buch ohne erhobenem Zeigefinder auf drängende Fragen der Menschheit aufmerksam zu machen. Gut gefallen hat mir auch der leise Humor in den Geschichten über William und Henry, deren etwas festgefahrene und egozentrische Sichtweisen mit Humor geschildert werden, ohne dass es respektlos rüber kommt. Diese Geschichten funktionieren deswegen (obwohl sie natürlich auch einen ernsten Grundton haben) auch gut als Auflockerung gegenüber der doch deutlich düsteren Zukunfts-Dystopie rund um Tao.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und aus meiner Sicht hat es die vielen positiven Kritiken definitiv verdient.
Ich habe es auf Englisch gelesen und ich fand es großartig. Vermutlich kaufe ich das über Wasser, wenn es als Taschenbuch erscheint. ☺️