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Noch mehr Lesetipps für den Sommer

Heute möchte ich zwei weitere Bücher vorstellen, das erste ist ein historischer Krimi, eigentlich lese ich nicht besonders gerne und nur sehr selten historische Romane, aber da dieser Krimi in Indien spielt (ein Land, mit dem ich mich gerade sowieso viel beschäftige) und sehr gute Kritiken bekommen hat, hab ich mal eine Ausnahme gemacht. Dazu kommt eine sehr ausgefallene Kurzgeschichtensammlung abseits des Mainstreams:

Abir Mukherjee – „A Rising Man“ (Genre: Krimi)

„A Rising Man“ ist der Auftakt einer neuen Krimireihe des indisch-stämmigen britischen Autors Abir Mukherjee. Der Roman spielt in Indien, im Jahre 1919, zu Zeiten des britischen Kolonialismus. Der britische Polizist Sam Wyndham hat erst vor kurzen eine Stelle in Kalkutta begonnen, dort will er seine Vergangenheit,die Zeit als Soldat im ersten Weltkrieg und den Tod seiner Ehefrau hinter sich lassen.

Doch er hat kaum Zeit sich an die neue und anstrengende Umgebung zu gewöhnen, den gleich sein erster Fall ist hoch-brisant und politisch, ein hochrangiger britischer Staatsbediensteter wird in einer eher schlechten Gegend Kalkuttas mit durchgeschnittener Kehle aufgefunden, in seinem Mund steckt ein Papier, das die britischen Besetzer bedroht. Handelt es sich bei dem Mord um einen Angriff indischer Freiheitskämpfer auf die britischen Besatzer?

Zusammen mit dem englischen Kollegen Digby und dem jungen indischen Sergeant Banerjee „Surrender-not“, versucht Wyndham hinter die Hintergründe des Mordes zu kommen.

Das Buch nimmt sich im ersten Viertel viel Zeit um die Charaktere und das Setting vorzustellen, der Fall bleibt lange undurchsichtig und ist auch für versierte Krimileser nicht einfach vorauszusehen, einzelne Entwicklungen kann man sich zwar denken, aber der Fall wird nach und nach entwirrt, das Buch nimmt dabei in der Mitte und im zweiten Drittel so richtig Fahrt auf, um dann im letzten Viertel wiederum feinsäuberlich alles zu entwirren. Mir hat das ganz hervorragend gefallen, das Buch findet außerdem eine gelungene Mischung aus historischen Informationen, so dass man viel über die damalige Zeit und die Konflikte lernt, aber ohne dass dadurch der Unterhaltungswert der Geschichte leidet. Außerdem besticht das Buch durch einen feinen und ironischen Humor, der immer wieder durchscheint.

Ich habe das Buch im englischen Original gelesen, die deutsche Ausgabe heißt „Ein angesehener Mann“. Natürlich kann ich die Qualität der Übersetzung nicht beurteilen.

Leveret Pale – „Wenn Soziopathen träumen“ (Genre: Horror)

„Wenn Soziopathen träumen“ ist meine zweite Kurzgeschichten Sammlung des jungen deutschen Autors Leveret Pale, der schon einige Kurzgeschichtenbänder und Romane im Bereich Horror und Dark Fantasy veröffentlicht hat.

Die Kurzgeschichtensammlung „Wahn“ hat mir so gut gefallen, dass ich auch diesen neuen Band unbedingt lesen wollte. Die Kurzgeschichten in dem Buch sind teilweise sehr kurz, teilweise ziemlich lang und unterscheiden sich auch inhaltlich und stilistisch teilweise sehr voneinander, man merkt auch finde ich eine deutliche Weiterentwicklung im Vergleich zu dem Band Wahn, so sind einige Bücher völlig abgedreht und fühlen sich an wie in irrer Drogentrip (für nicht so informierte enthält das Buch am Ende übrigens einen Glossar mit allen wichtigen Infos zum Thema Drogen und Soziopathen), andere erschrecken grade durch eine eher kühle und nüchterne Erzählweise und eine längere Geschichte stammt aus dem Universum von Pales Dark Fantasy Reihe, ist deswegen stilistisch auch noch mal ganz anders, hat mir aber sogar mit am Besten gefallen und Lust darauf gemacht auch diese Romane irgendwann zu lesen.

Natürlich ist das nicht unbedingt ein Buch für jedermann, vorne ist ein Warnhinweis: „Dieses Buch enthält explizite Beschreibungen von Drogenkonsum, Sex, Gewalt, Blasphemie und Wahnsinn.“ und wer sich davon jetzt abschrecken lässt, der sollte die Bücher von Leveret Pale wohl lieber nicht in die Hand nehmen 😉

Mir gefällt an den Büchern vor allem die Kreativität abseits des Horror Mainstreams, die stilistischen Spielereien und für mich bleibt Leveret Pale deswegen einer der interessantesten Autoren im deutschsprachigen Horror und Fantasybereich.

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Buchtipps: Ein Krimi und eine außergewöhnliche Autobiografie

Diesen Monat habe ich 2 sehr unterschiedliche Bücher gelesen, einmal einen Krimi aus einer meiner Lieblingskrimireihen und außerdem eine sehr außergewöhnliche Autobiografie voller subtil schwarzem Humor:

Jussi Adler Olsen – „Verheissung“ (Genre: Krimi/Thriller)

„Verheissung“ ist der 6. Fall rund um den etwas exzentrischen dänischen Sonderermittler Carl Morck (Leiter eines Dezernates für ungelöste Kriminalfälle) und sein Team Assad und Rose. Zu Beginn des Bandes erhält Carl Morck einen Anruf eines Polizisten von einer kleinen Insel, dieser bittet ihn um Hilfe bei einem lange Jahre zurückliegenden Fall, bei dem das junge Mädchen Alberte von einem Auto tödlich verletzt und in einen Baum geschleudert wurde. Der Fall wurde als Unfall mit Fahrerflucht zu den Akten gelegt, doch der Polizist ist sich sicher, dass es Mord war, an seiner Besessenheit mit dem Fall ist seine Ehe und mehr oder weniger sein ganzes Leben zerbrochen. Als Carl ihn recht rüde abweist, hinterlässt der Polizist eine verstörende Nachricht auf dem Anrufbeantworter und wenige Zeit später erschießt er sich bei seiner Pensionierungsfeier vor den Augen seiner ehemaligen Kollegen. Als Carl Morck und sein Team geschockt beschließen den alten Fall doch wieder aufzunehmen, beginnt eine langwierige Reise in die Vergangenheit.

Der Krimi ist von der Erzählweise eher ruhig und nimmt sich viel Zeit für klassische Ermittlungsarbeit und auch um die Geschichte um Alberte und ihre Vergangenheit Stück für Stück zu erzählen. Das Buch ist also vielleicht nichts für Menschen die actionreiche Thriller mögen, ich würde die Reihe auch definitiv eher als Krimireihe bezeichnen, auch wenn sie immer als Thriller ausgezeichnet wird. Genauso wichtig wie der Plot (der mir in dieser Folge besonders gut gefallen hat) ist in dieser Reihe das Zusammenspiel der verschiedenen Charakter, der etwas launische Carl Morck, der geheimnisvolle Assad, die etwas anstrengende und psychisch instabile Rose sind ein dynamisches Trio, das trotz der Exzentrik trotzdem irgendwie nicht so privat problembelastet wirkt wie die Ermittler in anderen Krimireihen (vielleicht weil nicht seitenweise Eheprobleme gewälzt werden?). Dazu kommt eine faszinierende Geschichte um Eifersucht und einen charismatischen Sektenguru, der eine lange Reihe von Menschen zurück lässt, die von ihm besessen sind. Auch wenn dem Leser in dem Buch relativ schnell offen gelegt wird, wer der Mörder ist, wird die Mördersuche aus Sicht der Kommissare nie langweilig und die Erzählweise der Geschichte, die Schicht für Schicht immer mehr der Geschehnisse enthüllt, hat mir sehr gut gefallen. Für mich war das einer der besten Bücher aus der Reihe um Carl Morck. Allerdings sollte man die Reihe möglichst komplett und chronologisch lesen, da immer wieder Geschehnisse aus den früheren Bändern eine Nebenrolle in der Handlung spielen.

Klaus Märkert – Wie wir leuchten im Dunkeln, geben wir so verdammt gute Ziele ab (Genre: Autobiografie)

Auf das Buch von Klaus Märkert bin ich durch den außergewöhnlichen Titel – „Wie wir leuchten im Dunkeln, geben wir so verdammt gute Ziele ab“ – aufmerksam geworden. In dem eher kompakten Büchlein erzählt Klaus Märkert Episoden aus seinem Leben, dabei ist das Buch jeweils in verschiedene Abschnitte gegliedert, die unterschiedliche Lebensabschnitte des Autors widerspiegeln, zwischen denen hin- und her gesprungen wird. Eine Verbindung gibt es dadurch, dass alle Abschnitte, in denen es um Ähnliches geht jeweils die gleiche Überschrift tragen, so gibt es einige Geschichten zum Thema „Kind sein“, einige zum Thema „Tot sein“ , einige zum Thema „Soldat sein“, usw. Für mich hat diese Struktur sehr gut funktioniert, denn obwohl zwischen unterschiedlichen Themen gesprungen wird, findet man sich problemlos zurecht und die Erzählweise ist abwechslungsreicher als hätte man die Geschichten chronologisch erzählt.

Inhaltlich konnte ich mich mit den Geschichten zum Thema „Kind sein“ am Besten identifizieren, was sicher daran liegt, dass fast jeder ähnliche Kindheitserfahrungen gemacht hat und der Autor es hervorragend geschafft hat, die typischen Ängste und Gefühle, die man als Kind hat, so zu erzählen, dass man direkt in seine Kindheit zurück versetzt wird. Bei anderen Themen fehlte dann im Vergleich der persönliche Bezug, so dass man etwas distanzierter darauf schaut, aber auch diese waren für mich sehr interessant zu lesen. Der Humor im Buch ist speziell, eher zynisch und schwarz und deswegen vermutlich nicht jedermanns Sache, aber mir hat er sehr gut gefallen, wobei das Buch in der ersten Hälfte etwas spielerischer und leichter daher kommt und in der zweiten Hälfte dann doch etwas zynischer und dunkler.

Für mich auf jeden Fall mal eine ganz andere Autobiografie, die ich sehr lesenswert fand.

 

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Literarischer Mai – Mit Krimis und Kindheitserinnerungen

Heute möchte ich drei Bücher vorstellen, einmal das in Teilen autobiografische Buch „Raumpatrouille“ des Schauspielers Matthias Brandt und zwei Krimis, die mich beide leider nicht 100% überzeugt haben, aber beide durchaus trotzdem lesenswert sind.

Matthias Brand – „Raumpatrouille“ (Genre: Kindheit/Geschichten)

„Raumpatrouille“ ist ein übersichtliches (ich glaube es sind knapp 200 Seiten) Buch mit Kindheitserinnerungen des bekannten Schauspielers Matthias Brandt, dem jüngsten Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt. Dadurch bedingt handelt es sich bei den episodenhaften Erzählungen einerseits natürlich nicht um Eindrücke einer „ganz normalen“ Kindheit, andererseits aber doch, denn vieles was dem jungen Erzähler passiert und was er fühlt, wird wohl jedem der sich noch an seine Kindheit erinnert vertraut vorkommen. Hier fand ich vor allem beeindruckend, dass der Autor wirklich toll rüberbringt wie man als Kind oftmals gefühlt hat, das hat sich für mich sehr authentisch angefühlt. Trotzdem gibt es natürlich Besonderheiten: die ständige Präsenz von Personenschützern (und anderen Bediensteten), das Leben in einem durch einen Wachdienst abgeschirmten Haus und das doch etwas distanziert wirkende Verhältnis zu einem mächtigen aber vielbeschäftigten und etwas unerreichbaren Vater.

Das Buch hat hierbei keine lineare Erzählweise, sondern schildert verschiedene Episoden, teils mit ganz normalen banalen Kindheitsereignissen (wie einer missglückten Karriere als Fußballtorwart), teils mit wirklich humorvollen und lustigen Episoden und teils mit ernsthafteren und nachdenklichen Tönen. Es ergibt sich das Gesamtbild einer Kindheit, die einerseits ganz normal und glücklich wirkt, andererseits auch einige Schwierigkeiten hinter der Fassade durchscheinen lässt. Wie viel davon tatsächliche Erinnerung und wie viel Fiktion ist, lässt der Autor im Vorwort offen.

Mir hat das Buch insgesamt sehr gut gefallen, den Schreibstil finde ich auch sehr gut gelungen und humorvoll. Allein durch die Sprunghaftigkeit und den geringen Umfang bleiben die Einblicke ein bisschen an der Oberfläche.

Tana French – „Gefrorener Schrei“ (Genre: Krimi)

Ich habe bisher alle Krimis von Tana French gelesen und war bisher immer von allen gleichermaßen begeistert, fand sie vor allem sprachlich immer auf einem sehr hohen Niveau. Ich lese auch sehr gerne detailverliebte Krimis mit ausschweifenden Erzählungen und Dialogen und dazu hatte Tana French schon immer einen Hang.

Leider hat mich „Gefrorener Schrei“ aber nicht so begeistert wie die bisherigen Krimis der Autorin, was zum einen daran lag, dass mir bei diesem Roman die Haupt-Ermitterlin und auch die meisten anderen Charaktere nicht besonders sympathisch waren. Normalerweise stört mich so etwas nicht, ich mag auch unsympathische Charaktere, so lange sie interessant und komplex sind, aber hier war es irgendwie so, dass ich die Detektivin Antoinette Conway oftmals nicht als interessant, sondern primär als anstrengend empfand und auch ihre ziemliche flapsige Sprech- und Erzählweise war nicht so wirklich mein Ding.

Außerdem fand ich die Idee des Buches zwar gut, es geht weniger um den Kriminalfall an sich, sondern darum welche Intrigen sich in dem Polizeirevier von Antoinette Conway abspielen, um Mobbing, Verfolgungswahn und um die Frage wer spielt ein falsches Spiel. Der tatsächliche Kriminalfall ist auch gar nicht so komplex: eine junge Frau wird in ihrer Wohnung erschlagen nachdem sie sich offenbar auf ein romantisches Abendessen vorbereitet hatte. Der Hauptverdächtige ist klar, ihr neuer Freund. Doch ist der Fall in Wirklichkeit komplexer? Die Polizeiarbeit stellt sich hier primär als kleinteilige Ermittlungsarbeit und langwierige Verhöre des und der Verdächtigen dar (leider waren diese Verhöre auch im Buch teilweise merklich langwierig und etwas repetitiv). Und man erlebt wie Conway und ihr Partner verschiedenen Fährten folgen, immer auf der Suche nach der Aufdeckung des Ganzen.

Insgesamt fand ich das Buch nicht schlecht zu lesen, von der Grundidee durchaus interessant, aber für mich hat das Ganze nicht 100% funktioniert und entwickelte deswegen eine gewisse Zähigkeit. Für mich deswegen der schwächste Krimi von Tana French. Interessenten der Autorin (die eigentlich wirklich gut ist!) empfehle ich mit einem beliebigen anderen Roman zu starten.

Helen Callaghan – „Dear Amy“ (Genre: Thriller)

„Dear Amy“ ist ein Psychothriller, der schon optisch in einem ziemlich typischen Thriller Gewand daher kommt, das schon mal Lust auf das Buch macht (auch wenn man über das neongrüne Design sicher gespaltener Meinung sein kann). Auch die Story klingt vielversprechend. Die 15-jährige Katie verschwindet nach einem Streit mit ihren Eltern spurlos, die Polizei geht erstmal davon aus, dass sie ausgerissen ist.

Die Lehrerin Margot, die nebenberuflich als „Brief-Kummerkasten-Tante“ bei einer Regionalzeitschrift arbeitet erhält zu diesem Zeitpunkt plötzlich Briefe von einem anderen jungen Mädchen, Bethan, das allerdings schon vor Jahrzehnten spurlos verschwand und nie gefunden wurde, aber von der Polizei für tot gehalten wurde. Margot ist geschockt, sind die Briefe etwa echt? Und hängt der alte Fall um Bethan mit dem aktuellen Verschwinden von Katie zusammen? Der Fall lässt ihr keine Ruhe und schnell wird sie immer tiefer in die Ermittlungen rein gezogen…

So die Prämisse des Buches, das vom Schreibstil her leicht und zügig zu lese ist und für mich durchaus unterhaltsam war. Auch die Story beginnt eigentlich vielversprechend und Margot ist ein interessanter Hauptcharakter. Trotzdem hat mich das Buch letzendlich aus verschiedenen Gründen nicht vom Hocker gerissen. Erstens kommt es wie für Thriller häufig üblich nach ca. 2/3 des Buches mit einer unerwarteten Wendung daher. Leider war diese Wendung für Thriller-Geübte Leser aber schon nach ca. 100 Seiten des Buches so einfach vorausschaubar, dass mir ab da schon klar war, worauf das Ganze hinauslaufen wird. Dadurch werden auch die Ereignisse bis zum Ende relativ einfach voraussehbar, was dem Thriller den Spannungseffekt so ziemlich nimmt.

Zusätzlich hatte ich ein bisschen Probleme das Buch in Großbritannien zu verorten, es spielt zwar in Cambridge, aber ich hatte ständig das Gefühl einen amerikanischen Thriller zu lesen (eventuell kommt das daher, dass die Autorin laut Klappentext zwar aus einer britischen Familie stand, aber in den USA geboren ist) und es kam für mich trotz Erwähnung einiger lokalen Sehenswürdigkeiten von Cambridge irgendwie nie ein Bezug zu der Lokalität auf. Und drittens enthielt das Buch einige private Irrungen und Wirrungen der Protagonistin (Scheidung und neuer „love interest“), die aber etwas lieblos und klischeehaft kurz abgehandelt wurden, so dass man sich fragt, wozu sie überhaupt Teil der Story waren.

Das klingt jetzt alles sehr negativ, insgesamt hat mir das Buch aber trotzdem noch gut gefallen, was zeigt, dass die Autorin durchaus viel Talent für das Genre hat, beim nächsten Buch würde ich mir nur etwas mehr Finesse und etwas weniger Thriller-Klischees wünschen, dann könnte ich mir durchaus vorstellen, nochmal was von ihr zu lesen.