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Buch-Tipp: „Das glückliche Paar“ von Naoise Dolan

Der Mai war für mich ein sehr gelungener Lesemonat, da ich im Urlaub gleich drei Bücher hintereinander weg gelesen habe, die mir überdurchschnittlich gut gefallen haben. Der irische Roman „Das glückliche Paar“ von Naoise Dolan war darunter vermutlich mein Favorit, obwohl die Thematik auf den ersten Blick nicht besonders tiefgründig wirkt: Es geht in dem Roman um das irische Pärchen Celine und Luke. Die beiden zahlen Irland-typisch 2000 Euro Miete für ein winziges Apartment, in dem der Boiler oft nicht funktioniert, Celine ist Konzertpianistin und immer in Sorge um ihre Hände, Luke hat Theologie studiert und die bisher größte gemeinsame Verpflichtung ist ihre Katze. Nun haben sich die beiden entschieden zu heiraten, doch bei der (aus finanziellen Gründen) bei ihrer wohlhabenden Tante abgehaltenen Verlobungsfeier in London ist Luke plötzlich verschwunden und reagiert nicht auf Celines Nachrichten. 

Der Roman begleitet Celine und Luke ca. vom Zeitpunkt dieser Verlobungsfeier bis hin zum Tag der Hochzeit. Dabei ist die Erzählweise des Romans sehr kreativ, die Handlung wird immer abwechselnd aus Sicht verschiedener Beteiligter erzählt, darunter natürlich Celine und Luke, aber auch Celines Schwester und Lukes Ex-Freund, der nach Jahren noch nicht über ihn hinweg ist. Das liest sich sehr leicht,  humorvoll und trotzdem werden ernsthafte Fragen beantwortet, zum Thema Vertrauen, Partnerschaft und was eine Ehe/Beziehung ausmacht. Die Charaktere könnten vermutlich nicht unperfekter sein, wachsen einem aber trotzdem ans Herz. Ein richtiges Lesevergnügen, das meiner Meinung nach auch gerade danach schreit verfilmt zu werden. 

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Young Adult Tipp: „Schallplattensommer“ von Alina Bronsky

„Schallplattensommer“ ist das erste Buch, das ich von Alina Bronsky gelesen habe. Ihre Romane sind mir zwar schon öfters begegnet, aber irgendwie hat keiner davon es bisher auf meine Leseliste geschafft. „Schallplattensommer“ war auf jeden Fall eine sehr gute erste Wahl, habe ich das Buch (das allerdings auch nicht allzu dick ist) doch an einem einzelnen Abend verschlungen. Heldin des Buches ist  ein junges Mädchen mit dem ungewöhnlichen Namen Maserati, die eigentlich noch zur Schule gehen sollte. Doch diese schwänzt sie seit längerem, stattdessen hilft sie ihrer Großmutter deren rustikale Dorfkneipe in einem nicht näher genannten Ferienort zu führen (vom Gefühl her verorte ich das Buch an die Ostsee oder irgendeinen See in Ostdeutschland, bin mir aber nicht sicher ob im Buch überhaupt ein Ort genannt wurde). Maseratis Alltag kommt durcheinander, als eine reiche Familie in die bisher verlassene Villa des Ortes zieht und die beiden Söhne der Familie auf Maserati aufmerksam werden: der gutaussehende „Surfer-Boy“ Caspar und sein grüblerischer Bruder Theo, so zumindest Maseratis erster Eindruck der beiden. Doch bald zeigt sich, dass nicht nur Maseratis Leben komplexer ist als es auf den ersten Eindruck scheint. 

Der Roman ist wirklich recht einzigartig, er hat Leichtigkeit, Humor und vielschichtige Charaktere, eine Liebesgeschichte, es passiert auf den ersten Blick gar nicht mal so viel, aber trotzdem verfliegt das Buch, hat sehr viel Charme und passt zum Sommer, hält somit was der Titel verspricht und hat mich wirklich hervorragend unterhalten. 

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Buch-Tipp: „Wie Inseln im Licht“ von Franziska Gänsler

„Wie Inseln im Licht“ von Franziska Gänsler ist ein Roman, den ich innerhalb kürzester Zeit verschlungen habe. So intensiv und mitreissend war die Geschichte, dass ich mich gar nicht losreissen konnte, immer ein sehr gutes Zeichen. 

Die Hauptperson des Buches ist die 27-jährige Zoey. Ihre Mutter ist gerade erst verstorben und sie hat sie bis zu ihrem Tod begleitet (unter welchen Umständen erfährt man im Laufe der Geschichte). Nun ist sie nach Frankreich gefahren, mit dem Plan die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Dort – an der französischen Atlantikküste – haben Zoey, ihre Mutter und die kleine Schwester Oda vor über 20 Jahren gelebt, in einem Wohnwagen in einer kleinen alternativen Gemeinschaft, die sich von der Außenwelt abgeschottet hat. Warum, weiß auch Zoey nicht so genau, nur dass die Zeit dort endete als Oda verschwand und ihre Mutter mit ihr nach Berlin umzog. Was damals passiert ist, hat Zoey nie erfahren, ihre Erinnerungen sind verworren und mit ihrer Mutter konnte sie nicht darüber reden, zu fragil ist auch deren Psyche.  

Im Buch geht es also um Zoeys Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, um eine handfeste Recherche zum Schicksal ihrer Schwester und um ihre aktuellen Beziehungen. Dabei ist das Buch erfrischend linear, oft wird in dieser Art Roman ja mit vielen Andeutungen gearbeitet, alles betont mysteriös gehalten und die Leser:innen über Vieles im Dunkeln gelassen. Das ist hier nicht so und trotzdem oder gerade deswegen ist das Buch so besonders berührend und vielschichtig. Für mich jetzt schon eines der Lese-Highlights von 2024. 

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Buch-Tipp: „Issa“ von Mirrianne Mahn

„Issa“ von Mirrianne Mahn ist ein Familienroman der auf mehrere Zeitebenen einerseits die persönliche Geschichte von Issa und ihren Ahninnen erzählt, andererseits die deutsch-kamerunische Kolonialgeschichte aufarbeitet, etwas was im Geschichtsunterricht in Deutschland leider nach meiner Erinnerung überhaupt keine Rolle spielte (weswegen man sich in Deutschland gegenüber Ländern wie den USA oder Frankreich nun wirklich nicht überheblich fühlen muss).

Issa ist als junges Mädchen mit ihrer Mutter von Kamerum nach Deutschland gezogen und hat seitdem das Problem vieler Menschen mit Migrationshintergrund, sie fühlt sich in Deutschland nicht wirklich zugehörig bis abgelehnt, in Kamerum ist sie aber wiederum die „Deutsche“, die aufpassen muss nicht von Einheimischen finanziell abgezockt zu werden (weswegen ihr Cousin ihr im Internet-Shop den Tipp gibt nicht zu sprechen, um nicht anhand ihrer Sprechweise als „reiche“ Ausländerin erkannt zu werden). Nun ist Issa überraschend schwanger geworden, hat wenig Bezug zu Kamerum und ein chronisch kompliziertes Verhältnis zu ihrer Mutter. Trotzdem hat sie sich irgendwie überzeugen lassen nach Kamerum zu reisen, um dort traditionalle Rituale für Schwangere durchzuführen, die ihr ungeborenes Kind beschützen sollen.

Das Buch erzählt einerseits Issas Geschichte in der Gegenwart, andererseits wird in Rückblenden, die Geschichte ihrer weiblichen Vorfahren Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt, als Kamerums Zeit als Deutsche Kolonie sich blutig dem Ende zuneigte. Eine Zeit die für Kamerum durch Aufstände, Gewalt und Unterdrückung dominiert war und in der Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft nur sehr wenig Möglichkeiten und Kontrolle über ihr Schicksal hatten. Dabei behält das Buch aber immer Humor und Leichtigkeit und Wärme (vor allem Issas Erlebnisse bei ihrer Familie werden mit viel Selbstironie und Humor erzählt).

Insgesamt ein unheimliches reichhaltiges und wichtiges Buch, das zum Nachdenken anregt, aber trotz der verschiedenen Zeitebenen und Themen nie überladen wirkt und von mir eine definitive Leseempfehlung erhält.