Nachdem ich letztes Jahr gute Erfahrungen damit gemacht habe, habe ich mir auch dieses Jahr wieder vorgenommen mindestens ein Buch von der Nominierungsliste für den Deutschen Buchpreis zu lesen. Letztendlich habe ich mich sogar für zwei entschieden und „Triceratops“ von Stephan Roiss ist das Erste davon.
Das Buch erzählt von einer Kindheit in Österreich, erzählt aus der Perspektive eines kleinen Jungen, der in nicht ganz einfachen Verhältnissen aufwächst und in der ganze Geschichte aus nicht näher erklärten Gründen in der „Wir“ Form von sich spricht. Das ist am Anfang für einen kurzen Moment verwirrend, dann fühlt es sich völlig natürlich an. Der Vater ist die einzige mehr oder weniger stabile Komponente in der Familie, die Mutter hat mit psychischen Problemen zu kämpfen, muss immer mal wieder in die geschlossene Abteilung. Der Junge wird dann gern zur „Aschbach-Großmutter“ abgeschoben, die ziemlich ursprünglich mit einer kleinen Rest-Landwirtschaft lebt. Ist die Mutter zuhause lässt sie sich wenn es ihr schlecht geht dagegen oft von ihren kleinen Sohn umsorgen, eine Verdrehung der Rollen, die das Kind stark belastet. Die große Schwester hat einen Hang zum Auslöschen von Spielzeug und Haustieren, scheint aber später zunächst mal die Kurve zu kriegen. Als sie zu ihrem Freund zieht und den sogar recht früh heiratet, verliert auch der Junge den Kontakt zu seinen Eltern immer mehr und flüchtet zu Punker-Freunden oder schläft im Freien. Bis eine große Katastrophe passiert…
Die Hauptperson hat also mit allen möglichen Problemen zu kämpfen und zeichnet wohl auch deswegen seit der frühen Kindheit Monster aller Art, auch Dinosaurier haben es ihm angetan und vor allem die Dickhäutigkeit des Triceratops. Sich selbst so einen „dicken Panzer“ zuzulegen klappt aber mehr schlecht als recht und ob er sich aus physischen oder psychischen Gründen selbst so sehr kratzt bis seine Haut blutig ist, kann nach einigen Jahren auch keiner mehr sagen. Wir erleben diese komplizierte Kindheit von den jüngsten Jahren bis zum Teenageralter mit, die schwierige Familiensituation, Mobbing in der Schule, Rebellion und die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Familie. auch wenn die Geschichte weder fröhlich noch schön ist, ist sie trotzdem mitreissend, ich habe das Buch innerhalb von zwei Abenden verschlungen. Der namenlose Junge wächst einem im Laufe des Buches ans Herz, auch wenn er als Teenager nicht unbedingt „liebenswert“ ist und die ganze Geschichte ist authentisch und berührend, tragisch und trotzdem nicht zu deprimierend.
„Leibnitz“ ist das Roman-Debüt des österreichischen Schauspielers Andreas Kiendl (bekannt z.B. aus SOKO Kitzbühel). Der Roman spielt, wie man dem Titel unschwer entnehmen kann, im steirischen Leibnitz, einer Kleinstadt mit etwas über 100 000 Einwohnern. Der Roman wird teilweise als Krimi vermarktet, was ich aber relativ irreführend finde, denn eine klassische Krimihandlung wird man als Leser definitiv vermissen. Ich fand das aber gar nicht schlimm, den die Geschichte ist auch so faszinierend genug.
Im Mittelpunkt steht das Ehepaar Claudia und Christian. Claudia wuchs in einem eher alternativen und intellektuellen Elternhaus auf, ihre Mutter eher liberal freigeistige Lehrerin, ebenso ihr Stiefvater. Wie um dagegen zu rebellieren wandte sich Claudia früh der Religion zu und verliebte sich in Christian, der aus einer traditionellen eher spießigen Leibnitzer Familie kommt. Die beiden bekommen zwei Kinder, leben mit Christians Eltern in einem Haus und teilen begeistert das gemeinsame Hobby im Chor zu singen. Abgesehen davon läuft es zwischen Claudia und Christian am Beginn des Buches nicht besonders gut. Claudia hatte vor einiger Zeit eine Affäre, seitdem ist ihr Verhältnis zu den Schwiegereltern komplett zerrüttet und das mit Christian, der seitdem mehr trinkt als es selbst für einen steirischen Mann üblich ist, ebenfalls schwer angeschlagen. Als Claudias Mutter Anna ihrer Tochter eröffnet, dass sie mit dem Stiefvater nach Kanada auswandern will, bricht Claudias Welt erst recht zusammen. Denn obwohl Claudia ihre Mutter meist ablehnt, verzeiht sie ihr diesen “Verrat” trotzdem nicht. Claudia ist mit der Gesamtsituation alleine mit Schwiegereltern, Kindern und oft betrunkenem Mann mehr als unglücklich, doch etwas später baut Christian angetrunken einen Autounfall und im Haus der Familie verändern sich die Machtverhältnisse von da an…
Das Buch erzählt davon aufbauend in mehreren zeitlich teilweise länger auseinander liegenden Abschnitten von der Entwicklung der Ehe und der Familie, von Eskalationen, Hoffnungsschimmern, Rückschlägen und menschlichen Abgründen…
Was das Buch für mich interessant (aber auch etwas nervig machte) ist, dass kaum einer der Hauptcharaktere wirklich sympathisch ist. Claudia lehnt das Leben ihren freiheitsliebende Mutter ab, gleichzeitig verachtet sie ihre Schwiegereltern mit denen sie in einem Haus lebt quasi genauso und schaut wegen deren kleinbürgerlicher Spießigkeit auf sie herab. Christian ist ein Großkotz und Lebemann, der aber hinter großen Worten nicht wirklich viel zu bieten hat und weinerlich dem Alkohol verfällt. Wer nach Charakteren sucht mit denen er sich identifizieren kann, wird also vermutlich eher schwer fündig werden, aber als Psychogramm einer zerrüttenden Familie funktioniert der Roman trotzdem ganz hervorragend und ist faszinierend zu lesen. Die Einstufung als Kriminalroman finde ich aber definitiv vom Verlag eher unglücklich.
„Vater unser“ von Angela Lehner ist ein österreichischer Roman mit einer sehr ungewöhnlichen Protagonistin. Eva Gruber ist Ich-Erzählerin und wurde gerade in eine psychiatrische Klinik eingeliefert, weil sie (zum Glück nur) behauptete eine Kindergartenklasse erschossen zu haben. Die Hintergründe ihres Verhaltens und ihr Motiv bleibt dabei erstmal unklar. Als Leser merkt man schnell, dass man Eva als Erzählerin nicht unbedingt trauen kann. Sie ist auf jeden Fall hochintelligent, hat einen bissigen Humor, ist scharfzüngig, aber schon in der Schule sagten die Klassenkameraden über sie häufig „Die Eva lügt immer!“.
Ebenfalls in der psychatrischen Klinik in Behandlung ist Evas Bruder Bernhard, der wegen Magersucht dort behandelt wird. Schnell drängt sich beim Leser der Verdacht auf, dass Eva vielleicht nur wegen ihm in der Klinik ist. Vorgeblich möchte sie ihren Bruder retten, doch der reagiert eher ablehnend auf Eva und es ist klar, dass die familiären Verhältnisse der Geschwister kompliziert sind. Schnell wird klar, dass für Eva alles mit ihrem Vater zusammenhängt und dass Eva und Bernhard ihre Kindheit als traumatisierend empfunden habe, doch was genau die Hintergründe für die psychischen Probleme der beiden Geschwister sind bleibt schwammig. Man erfährt in sprunghaften kurzen Kapitels Episoden aus Evas Kindheit und muss sich ansonsten ganz auf ihre Erzählungen verlassen, bei denen man aber nie wirklich weiß was Wahrheit und was Lüge ist.
Das Buch liest sich dabei kurzweilig und sehr unterhaltsam. Eva ist mit ihrer Egozentrik und ihrem Hang zur Manipulation ihres Umfelds sicher kein besonders sympathischer Charakter, trotzdem sind die Schilderungen des Klinikalltags oft erstaunlich pointiert und man fragt sich oft, wer nun eigentlich „verrückt“ ist.
Mir hat das außergewöhnliche Buch sehr gut gefallen.
„Samy“ ist der Titelheld von Zdenka Beckers Roman, der dem Buch auch gleich den Namen gibt. Am Anfang des Buches liegt Samy im Krankenhaus, offenbar hat es eine Art Unfall gegeben, aber Samy ist kaum ansprechbar und erinnert sich an nichts. Die Psychologin Hana, die Samy privat seit Jahren kennt, weil sie mit dessen Mutter befreundet ist, versucht ihm die Ereignisse zu entlocken und einen Zugang zu ihm zu finden. Entlang dieser aktuellen Ereignisse wird die schwierige Lebensgeschichte von Samy erzählt, bis hin zu dem tragischen Ende.
Samy wächst in der damaligen Slowakei auf, seine Mutter ist Slowakin, sein Vater ein Österreicher indischer Herkunft, den seine Mutter auf einem seltenen Berlin-Besuch während eines Kongresses kennen gelernt hat und mit dem sie eine kurze aber intensive Affäre hatte. Das Ergebnis davon ist Samy, der als einziger dunkelhäutiger Junge in seiner Umgebung in der Slowakei mit so einigen Anfeindungen zu leben hat. Besonders schwer zu schaffen macht ihm sein ehemaliger Jugendfreund Harry und leider gelingt es Samy nicht über die Kränkungen der Kindheit hinweg zukommen, so dass er sich je älter er wird immer mehr in einem Strudel der Hoffnungslosigkeit und Paranoia verfängt.
Das Leben von Samy wird von früher Kindheit an erzählt, bis hin zu seinem Leben als Jugendlicher und als junger Erwachsener. Aber auch die Lebensgeschichte seiner Mutter Olga bekommt viel Raum und ich fand es besonders interessant auch Einiges über den Kommunismus und das Leben in der Slowakei der letzten Jahrzehnte zu erfahren. Man merkt, dass die slowakisch-österreichische Autorin dort auf sehr viele eigene Erfahrungen zurückgreifen kann.
Das Buch basiert anscheinend auf realen Ereignissen und manchmal merkt man das finde ich am Erzählstil, der ein bisschen wie eine Fallgeschichte daherkommt, was mich aber nicht gestört hat. Manchmal fand ich den Erzählstil allerdings etwas sperrig und ein bisschen unterkühlt, aber trotzdem sehr eindringlich.
Samys Lebensgeschichte und wie ihm sein Leben immer weiter entgleitet wird anschaulich und bewegend geschildert und viele Ereignisse des Buches lassen einen wütend und betroffen zurück, deswegen hat es mir insgesamt sehr gut gefallen.
Diese Woche war ich einige Tage für einen Kurztrip in Salzburg. Zum Glück hatten wir totales Glück mit dem Wetter, 3 Tage lang Sonnenschein und eine angenehme Temperatur von ca. 20 Grad – 25 Grad. Am ersten Nachmittag haben wir die Altstadt besichtigt, da ein Feiertag war und niemand shoppen gehen konnte, war es angenehm leer und entspannt, gerade richtig, um einen ersten Eindruck zu bekommen. Salzburg liegt sehr idyllisch am Fluß und zwischen kleinen Bergen, dazu die ganzen prächtigen Bauten und die dominante, aber trotzdem hübsche Burg, all das verleiht dem Städtchen einen besonderen und gleichzeitig gemütlichen Flair. Für einen Städtetrip ist die Stadt außerdem sehr „einfach“, unser Hotel lag ca. 5-10 Laufminuten vom Hauptbahnhof entfernt und zur Altstadt waren es von dort ebenfalls nur 5-10 Minuten zu Fuß. Die Altstadt hat mir gut gefallen, sie ist nicht groß, aber sehr verwinkelt, so dass ich es irgendwie die ganzen drei Tage lang nicht geschafft habe, ein Gefühl für die Himmelsrichtungen zu bekommen, dabei habe ich normalerweise eine recht gute Orientierung.
Blick von der Altstadt auf die Burg
Die Salzburg und Park Mirabell
An unsrem zweiten Tag in Salzburg sind wir gleich morgens zu Fuß zur Burg hochgelaufen (es gibt auch eine Bahn), der Weg ist zwar steil, aber auch recht kurz, so dass ich das nicht besonders anstrengend fand.
Fußweg zur Burg
Blick über Salzburg auf dem Weg zur Burg
Die Burg war vormittags kurz nach 9 auch noch erfreulich menschenleer, so dass wir in Ruhe umherschlendern konnten (meine ultimative Tourismus-Strategie, alles Beliebte immer so früh wie möglich besichtigen, denn die Touristenbusse kommen immer erst ab 11 Uhr 😉 ), bloß den Innenbereich und einen Aussichtsturm konnte man nur in festen Gruppen mit einem Audioguide besichtigen, was aber sehr gut gemacht war, es gab dort Einiges über die Geschichte der Burg zu erfahren und über die kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich dort über die Jahrhunderte abgespielt haben.
Blick aus der Burg 😉
Nachmittags haben wir das schöne Wetter dann ausgenutzt und haben den Park des Schlosses Mirabell besucht und uns dort einige Zeit hingesetzt und das schöne Wetter genossen.
Blumen im Park
Der Park ist sehr schön angelegt und bietet auch einen sehr schönen Blick auf die Burg
Geburtshaus von Mozart und Hellbrunn
An unsrem dritten Tag sind wir direkt mit einem Besuch des Mozart Geburtshauses gestartet. Mozart ist natürlich in Salzburg das größte Thema, sowohl was das Mitbringsel-Nippes-Merchandising angeht 😉 als natürlich auch kulturell gesehen (wobei ich es lustig fand, dass direkt nach Mozart offenbar immer noch oder wieder „The Sound of Music“ das zentrale Merchandising Thema darzustellen scheint, denn überall kann man den Film kaufen und es gibt einen extra „The Sound of Music“ Stadtführung, die alle Drehorte beinhaltet).
Mozarts Geburtshaus
Das Geburtshaus von Mozart befindet sich in der Altstadt und ist inzwischen zu einem Museum umgebaut, das in verwinkelten Räumen vom (kurzen) Leben von Mozart, aber auch seiner Familie berichtet. Mir hat das Museum gut gefallen, auch wenn es nicht übermäßig umfangreich ist und sich weitgehend auf den Lebensweg konzentriert und weniger auf Mozarts künstlerisches Schaffen.
Danach sind wir zu Schloss Hellbrunn gefahren, ein Lustschloss mit Wasserspielen, das im 17. Jahrhundert erbaut wurde. Die dortigen Wasserspiele dienten damals zur Zerstreuung und zur Vertreibung von „Melancholie“ (heute würde man vermutlich von Depressionen sprechen), so dass man das Ganze wohl aus heutiger Sicht als eine Art von „Vergnügungspark“ bezeichnen könnte. Die Wasserspiele kann man nur als Führung besichtigen und sie sind durchaus sehr unterhaltsam, wenn man auch Gefahr läuft nässer zu werden als vorher erwartet (was bei dem guten Wetter aber natürlich kein Problem war, allerdings mit Gefahren für Smartphones und teurer Kameras verbunden war). Das Besondere an den Wasserspielen aus heutiger Sicht, ist das diese komplett mechanisch mit Wasserkraft betrieben wurden, was damals technisch sicherlich eine beeindruckende Leistung war.
Das zugehörige Schloss enthält noch eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Schlosses und zu seinem Erbauer, Fürsterzbisch Markus Sittikus von Hohenems. Da an das Schloss Hellbrunn auch noch der Salzburger Zoo angeschlossen ist, empfiehlt sich dieses Ziel sicher auch für Familien mit Kindern sehr gut.
Details in den Wasserspielen
Insgesamt hat mir Salzburg als Reiseziel sehr gut gefallen, es ist eine sehr charmante und schöne kleine Stadt, die sich super für einen Kurztrip eignet. Und obwohl die Stadt natürlich ein beliebtes Touristenziel ist, fand ich sie zwar gut besucht, aber nicht extrem überlaufen, was aber vermutlich zu Zeiten von Festspielen anders aussehen dürfte. Während unsres Besuchs fand dort übrigens ein kleines Brass-Festival statt, ich bin eigentlich kein großer Fan von Blasinstrumenten, aber was dort beim Vorbeischlendern und Zuhören zu hören war, fand ich wirklich beeindruckend und toll. Auch kulinarisch kommt man in Salzburg natürlich auf seine Kosten, wobei ich bei der österreichischen Küche eher ein Fan der Süßspeisen bin, denn ansonsten ist mir die traditionelle Küche genauso wie in Süddeutschland oft eher etwas zu „deftig“.