„Meine Schwester“ von Bettina Flitner ist eine sehr bewegende Autobiografie, die für mich ein absolutes Lese-Highlight im Jahr 2022 darstellt. Bettina Flitner ist Fotografin und die Ehefrau (und davor jahrzehntelange Lebensgefährtin) von Alice Schwarzer. Im Mittelpunkt dieses Buches stehen jedoch die Erinnerungen an ihre Schwester und die gemeinsame Kindheit, denn Bettinas Schwester Susanne nahm sich im Jahr 2017 das Leben, wie Jahrzehnte davor schon ihre Mutter, die ihr Leben lang mit Depressionen kämpfte. Auch der Großvater der Mädchen war schon damit belastet. Eigentlich ein sehr trauriges Thema also, trotzdem erzählt diese Autobiografie mit viele Liebe, Humor und einem tollen Schreibstil von der Kindheit der beiden Mädchen, zwischen Waldorfschule, unkonventionellen Eltern, sehr unterschiedlichen aber von beiden Seiten der Familie charismatisch prägenden Großeltern, von einem halben Jahr in New York, Urlauben, ganz normalen Teenie-Sorgen und eben dem Leben mit der Depression der Mutter und später auch der Schwester.
Dabei fühlt man sich der Familie immer ganz nah, trotzdem hat die Erzählung immer eine Leichtigkeit und Authentizität, die mir in noch nicht vielen Autografien so begegnet sind. Und abgesehen vom schweren Thema ist das Leben, der Hintergrund und die Geschichte dieser Familie auch einfach unheimlich interessant, egal ob es um kleine oder größere Themen geht.
Ich denke das Buch eignet sich eigentlich für fast jeden, für Menschen, die ebenfalls Familienmitglieder oder andere geliebte Menschen verloren haben, für Menschen die Depressionen besser verstehen wollen, aber auch einfach für jeden der gerne packende Autobiografien über familiäre Beziehungen liest. Von mir also eine klare Leseempfehlung!