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Krimi Tipp: „Die Einsamkeit der Schuldigen – Das Verlies“ von Nienke Jos

Heute möchte ich einen außergewöhnlichen Krimi/Thriller vorstellen nämlich „Die Einsamkeit der Schuldigen – Das Verlies“ von Nienke Jos (das Buch wird glaube ich unter Thriller geführt, ist aber definitiv kein typischer Spannungsthriller, sondern eher ein sehr raffinierter psychologischer Krimi).

Der Roman beginnt ziemlich mysteriös, denn als Leser weiß man erstmal gar nicht, welche Rolle die vielen vorgestellten Personen in dem Buch eigentlich einnehmen. Am Anfang steht das vergangene Erlebnis eines kleinen Jungen, der nachts ein traumatisierendes Erlebnis hat. In Folge und in der Gegenwart lernen wir einige erwachsene Charaktere kennen: Junia, ist Mountain-Bikerin und Sporturlaub-Reiseführerin, die gerade ins Allgäu gezogen ist, um dort in einem Hotel zu arbeiten und davon träumt endlich sesshaft zu werden. Passenderweise lernt sie dort den Arzt Thies kennen, der auf den ersten Blick genau das ist was sie sucht. Doch Thies ist unglücklich mit einer älteren Alkoholikerin verheiratet und hat offensichtlich einigen Dreck am Stecken.

Ann Beck nimmt an einer von Junia geführten Mountainbike Tour statt, ist unglücklich verheiratet und mit ihrem Leben unzufrieden und verschwindet nach der Mountainbike Tour spurlos. Ein unbekannter Ich-Erzähler träumt davon eine Frau zu entführen, scheitert aber bei der Umsetzung (noch) an seiner Angst. Und der Psychologe Theodor ist unglaublich glücklich verheiratet, kompetent und leidenschaftlich in seinem Job in einer psychologischen Klinik und wirkt fast schon zu perfekt um wahr zu sein.

Was diese Charaktere miteinander verbindet erschließt sich erst im Laufe des Romans ganz allmählich. Das Buch nimmt sich viel Zeit die einzelnen Personen und deren Gefühlswelten und Abgründe vorzustellen und springt vor allem Anfang sehr oft zwischen verschiedenen Perspektiven hin und her. Ich fand das aber keineswegs verwirrend, sondern sogar eine spannende Art und Weise langsam in das Geschehen hineinzufinden. Die Faszination der Geschichte liegt dann auch weniger darin begründet, dass die Handlung klassisch thrillermäßig spannend ist, sondern darin das Rätsel zu lösen wie alles zusammen hängt. Das gelingt dem Buch finde ich sehr gut, auch wenn die Auflösung am Ende, dann alles fast nochmal etwas sehr explizit aufdröselt.

Insgesamt hat mich das Buch sehr gut unterhalten und es sticht aus der Masse von Krimis und Thrillern definitiv als außergewöhnlich heraus. Allerdings enthält es teilweise trotzdem sehr brutale Gewaltszenen. Wer das gar nicht mag, ist mit dem Buch nicht gut beraten.

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Krimi Rezension: „Der Unfall auf der A35“ von Graeme Macrae Burnet

Den Roman „Der Unfall auf der A35“ habe ich auf meine Leseliste genommen, da ich auf sehr unterschiedliche Rezensionen dazu gestoßen bin. Den Ausschlag zum Lesen hat dann auch tatsächlich eine sehr negative Rezension gegeben, die bemängelte, dass es sich bei dem Roman keineswegs um einen Krimi handeln würde. Auch sonst war die Leserin oder der Leser nicht überzeugt.
Da ich zwar sehr gerne Krimis lese, aber es in dem Genre doch eher selten Innovationen zu entdecken gibt, war ich dadurch neugierig auf einen Krimi der nicht einem typischen entspricht. Außerdem fand ich Cover und Klappentext ansprechend.

Hauptfiguren des Buches sind der französische Polizist Georges Gorski und der 17 jährige Teenager Raymond. Beide leben in der elsässischen Kleinstadt Saint Louis. Gorski ist dort Polizeichef, hat aber Probleme mit dem Selbstwertgefühl, seinem Privatleben, seinen Kollegen (und dem Alkohol).
Raymond ist der Sohn des Anwalts Bertrand Barthelme. Dieser kommt am Anfang des Buches durch einen angeblichen Unfall auf der A35 ums Leben. Eigentlich würde der Fall zu Akten gelegt werden, denn nichts daran scheint verdächtig. Aber Bertrands attraktive Ehefrau bittet Gorski um Nachforschungen und da er sich von ihr angezogen fühlt, fängt er an auf eigene Faust zu ermitteln. Raymond findet im Schreibtisch seines verstorbenen Vaters einen Zettel mit einer unbekannten Adresse in einer nahegelegenen Kleinstadt und fängt ebenfalls an sich auf die Spurensuche zu machen.

Die Kritik, dass das Buch kein Krimi sei, kann ich durchaus nachvollziehend, denn der Kriminalfall steht in dem Buch keineswegs im Vordergrund.
Stattdessen beschäftigt es sich ausführlich mit dem Innenleben der beiden ziemlich problembelastenden Charaktere Gorski und Raymond. Düster und negativ wirkt das Buch dadurch aber nicht, denn es hat einen sehr leisen schwarzen Humor und vor allem die (auch sexuellen) Irrungen und Wirrungen des pubertierenden Raymonds sind sehr unterhaltsam zu lesen. So würde ich das Haupttheme des Buches eher als Charakterstudie zweier Männer, die mit ihrem Leben und ihrer Position in der von ihnen eher verhassten Kleinstadt Saint Louis nicht zurechtkommen sehen. Mich hat es aber überhaupt nicht gestört, was aber vielleicht auch daran liegt, dass ich durch die vorher gelesenen Rezensionen „vorgewarnt“ war und dem Buch deswegen gegenüber sehr offen eingestellt war.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und direkt und dadurch sehr kurzweilig zu lesen und der Autor vermittelt glaubwürdig, dass das Buch in einem Frankreich vor einigen Jahrzehnten spielt (wann genau konnte ich nicht so richtig fassen, aber aus den Informationen zu schließen die über die Lebensgeschichte des Vaters preis gegeben werden habe ich eine Handlung geschlossen, die ca. Ende der 1970er oder Anfang der 1980er Jahre spielt).

Auch die Geschichte rund um den Autor und das Setting des Buches ist durchaus spannend. Wer sich dafür interessiert, sollte (erst nach Lektüre des Buches) gerne einmal Google bemühen.

Insgesamt fand ich das Buch kurzweilig, unterhaltsam und kreativ und für mich war es deswegen eine gute Wahl.