Bücher, Reiten

Für Pferdefreunde: „Gebrauchsanweisung für Pferde“ von Juli Zeh

Die „Gebrauchsanweisung für“ Reihe kannte ich bisher nur aus dem Bereich der Reiseführer, dort gibt es diese Bücher für zahlreiche Länder und Städte. „Gebrauchsanweisung für Pferde“ hat mich natürlich als Pferdebesitzerin sowieso direkt angesprochen, aber außerdem wurde es auch noch von einer meiner Lieblings-Romanschriftstellerinnen geschrieben, nämlich von Juli Zeh, deren Roman „Unterleuten“ ich nur Wärmstens empfehlen kann.

„Gebrauchsanweisung für Pferde“ las sich für mich ein bisschen wie eine Mischung aus einer typischen pferdischen Autobiografie und einem Ratgeber über das Lebewesen Pferd und dessen Bedürfnisse. Das Buch beginnt mit ersten Erfahrungen der Autorin als Kind in einer typischen (= aus heutiger Sicht verbesserungswürdigen) Reitschule und der großen Liebe zu diversen Schulpferden. Dort wird sich vermutlich fast jeder wiederfinden der vor einigen Jahrzehnten eine Reitschule besuchte. Weiter geht es mit der ersten Erfahrung als Reitbeteiligung (die im Falle von Juli Zeh durchaus eher skurril waren) und dann mit Umwegen hin zu dem Leben mit eigenen Pferden. Juli Zehs Reiterkarriere verlief dabei gar nicht so unähnlich zu meiner eigenen (bei ihr war es Reitschule – Reitbeteiligung – Pferdepause – eigene Pferde und bei mir Reitschule – Pferdepause – Reitschule – eigenes Pferd), so dass ich mich mit Vielem was sie schrieb identifizieren konnte. Dabei sind die Texte auch noch keineswegs trocken geschrieben, sondern humorvoll und oft selbstironisch und auch mit viel Liebe und Gefühl zum Thema Pferd.

Das allein hätte das Buch für mich schon absolut lesenswert gemacht. Der zweite Aspekt des Buches ist aber, dass es sich tatsächlich auch mit den Bedürfnissen des Lebewesens Pferd beschäftigt und dabei auf verschiedene Themen wie Haltung, Training und vor allem pferdegerechte Kommunikation anstatt Vermenschlichung des Pferdes eingeht. Man merkt dabei auch, dass Juli Zeh sehr fundierte Kenntnisse über Pferde und auch tiefgehendes Wissen bezüglich der Reiter- und Ausbildungsszene hat.
Ein paar kleinere Schwächen hat das Buch für mich auch, die Kapitel wirken teilweise etwas willkürlich aneinander gereiht und ein Kapitel beschäftigt sich überwiegend mit Gedanken von Juli Zeh zu ihrem Beruf als Schriftstellerin. Das fand ich selbst durchaus sehr interessant, da ich mich sowohl für das Schreiben interessiere als auch für Juli Zeh als Schriftstellerin im Speziellen. Für Leute die ein reines Pferdebuch erwarten, könnte das Kapitel trotzdem ein bisschen überflüssig wirken. Auch das „Glossar“ zur Reitersprache am Ende hätte ich nicht unbedingt gebraucht, da ein Reiter sowieso alle Begriffe kennen wird und für jemand anderen sind sie vermutlich nicht soooooo spannend. Ob das Buch sich auch für Leute eignet, die gar keine Ahnung von Pferden haben ist für mich schwer einzuschätzen. Für Reiter und Pferdefans ist es auf jeden Fall unterhaltsam, kurzweilig, zum Nachdenken anregend und auch eine emotionale Liebeserklärung ans Pferd.

Reiten

Lesetipp: „Arschlochpferd 2 – Scheiß auf den Halsring“

„Arschlochpferd 2 – Scheiß auf den Halsring“ ist der zweite Roman von Nika S. Daveron, der als „Ableger“ zu ihrem Blog und ihrer Facebook Seite „Arschlochpferd“ veröffentlicht wurde. Der Blog Arschlochpferd beschäftigt sich mit humorvollen und ironischen Beiträgen mit den Irrungen, Wirrungen und Verrücktheiten der Online- und Offline-Reiterszene.

Nachdem im ersten Band die verplante und ignorante Möchtegern-Einhorn-Reiterin im Mittelpunkt stand, hat der 2. Band eine neue Hauptdarstellerin: Dressursusi, gerade volljährig geworden, hauptberuflich Tochter, von ihren Reitkünsten überzeugt und ambitioniert die Dressurwelt zu erobern, kauft sich ihr erstes eigenes Pferd (bzw. lässt es sich von Mutti kaufen).

Das Buch begleitet Dressursusi und ihr Pferd (der zukünftige Dressurkracher mit dem klingenden Namen „Wonderful Days Mon Amour „) durch die ersten Monate ihrer Karriere als Pferdebesitzerin und Möchtegern-Dressur-Star. Da Dressursusi ähnlich wenig Ahnung von Pferden hat wie die Protagonistin von Band 1 ist dies mit einigen Unannehmlichkeiten für Reiter und vor allem Pferd verbunden. Auch die Geduld von Dressursusis Eltern, Freunden, Reitlehrern und Stallkollegen wird auf eine harte Probe gestellt.

Die Geschichte liest sich wie schon im ersten Band wie eine Mischung aus Roman und humoristischen Sachbuch, es gibt eine  Romanhandlung, die aber immer wieder durch humoristischen Sach-Einlagen aus der Pferdewelt unterbrochen sind, die teilweise auch schon vom Blog bekannt sind. Diese Einschübe wirken manchmal ein bisschen wie ein Bruch im Buch, lockern aber die Romanhandlung trotzdem nett auf. Wenn man von dem Buch nicht erwartet, dass es sich dabei um einen großartigen reinen Roman handelt, bietet das Buch sehr gelungene Unterhaltung mit einer satirischen Erzählweise, die leider wie schon in Band gar nicht so übertrieben ist, wie man es sich wünschen würde (fürs Pferd).

Allgemein, Reiten

Reit-DVD- und Buch-Rezension: Cavaletti von Ingrid Klimke

Da wir am neuen Stall sehr viele Holzstangen haben und auch einige vernünftige Kreuze und Cavaletti-Ständer hab ich mich diesen Winter vermehrt mit Stangenarbeit und auch mit Cavaletti beschäftigt, da Gletta (meine Islandstute) sehr gerne mit Stangen arbeitet und da immer mit besonders viel Energie und Motivation dabei ist (manchmal sogar mit zu viel davon 😉 , neigt sie doch etwas zum übereilten Anziehen vor den Stangen).

Um dem Ganzen auch eine theoretische Grundlage zu geben, habe ich mir das Buch „Cavaletti – Dressur und Springen“ von Ingrid Klimke gekauft und ergänzend dazu auch noch die DVD „Mit Cavaletti-Training zum Erfolg„.

Das Buch ist grob in 2 Abschnitte eingeteilt, im ersten geht es um die tatsächliche Cavaletti-Arbeit im Schritt und Trab und Galopp auf geraden und gebogenen Linien und sowohl an der Longe als auch unter dem Reiter. Wobei der Fokus bei der Arbeit unter dem Reiter liegt. In der 2. Hälfte geht es um Springgymnastik und Gymnastikreihen. Für den Freizeitreiter (vor allem mit Gangpferd) sind wohl eher die Grundlagen relevant. Wie immer ist Ingrid Klimke’s Buch sehr nüchtern und damit auch etwas trocken beschrieben, einen Preis für den Unterhaltungswert gewinnen ihre Bücher eher nicht, lesen sie sich vom Schreibstil her doch immer ein bisschen wie die FN-Richtlinien. Dafür sind die Fotos wie immer absolut vorbildlich und schön, nicht eine einzige schlechte Momentaufnahme ist irgendwo im Buch aufzutreiben und da es mir primär darum ging mich mit den Grundlagen der Cavaletti-Arbeit vertraut zu machen, war ich mit dem Buch auch sehr zufrieden. Es bietet eben grobe und allgemeine Richtlinien zur Cavaletti Arbeit, natürlich primär ausgerichtet auf die Arbeit mit dreigängigen Warmblütern. Am Ende des Buches sind noch beispielhafte Trainingspläne für Pferde unterschiedlicher Ausbildungsstufen aufgeführt.

Die DVD „Mit Cavaletti-Training zum Erfolg“ zeigt in 80 Minuten die praktische Anwendung von Cavaletti. Dabei liegt der Schwerpunkt auch primär auf der gerittenen Arbeit, wobei auch einige Sequenzen zur Cavalettiarbeit im Schritt und Trab an der Longe (mit Ausbindern) enthalten sind.

Die Inhalte auf der DVD sind schrittweise aufgebaut, zuerst wird Cavaletti Arbeit im Schritt gezeigt, sowohl die Gewöhnung junger Pferde als auch die Arbeit mit erfahrenen Pferden, dann wird Cavaletti Arbeit im Trab behandelt und zuletzt die Arbeit im Galopp, sowie die Arbeit mit Gymnastik-Spring-Reihen (diesem Teil wird aber nicht so viel Zeit gewidmet wie im Buch). Dabei wird größtenteils Ingrid Klimke selbst als Reiterin gezeigt, aber auch Schüler und ihre Tochter Greta. Die Pferde sind größtenteils Warmblüter, aber ich meine auch ein Endmaßpony identifiziert zu haben und auch ein Shetty hat einen kleinen Auftritt 😉

Aufgelockert wird die DVD durch einige Sequenzen zur „alternativen“ Arbeit mit Cavaletti (gebissloses Halsringreiten, Springen mit Halsring, Springen ohne Bügel, Arbeit mit Kindern) und was mir auch besonders gut gefallen hat ist dass auch gezeigt wurde wie man Cavaletti Arbeit beim Reitunterricht in einer Abteilung sinnvoll einsetzen kann.

Das Reiterliche ist bei der DVD praktisch fast unangreifbar perfekt und auf einem sehr hohen Niveau, der Umgang mit dem Pferd während der Arbeit ist immer freundlich, lobend und motivierend und obwohl auch unerfahrene Pferde gezeigt werden, die Fehler machen, gibt es keinerlei unschönen Momente. Auch Ablenkungen der Pferde bei der Arbeit durch neben dem Reitplatz auf der Weide galoppierende oder tobende Pferde werden mit Humor genommen (das ist durchaus etwas das man sich als Freizeitreiter ruhig mal zu Herzen nehmen kann, denn grade bei Freizeitreitern – da nehme ich mich selbst absolut nicht aus – habe ich den Eindruck, dass man auf kleinste „Störungen“ von außen oder Guckigkeit des eigenen Pferdes bei der Platz-/Hallenarbeit gerne mal genervt oder überdramatisch reagiert, obwohl es ja in der Regel noch nicht mal um irgendwas geht außer ums pure Vergnügen…

Das von Ingrid Klimke gezeigte reiterliche Können kann auf den Freizeitreiter natürlich alles etwas einschüchternd wirken 😉 , aber man bekommt ein Zielbild an dem man sich orientieren kann.

Etwas Schwierigkeiten bereitet es in der Praxis das dort gezeigte auf Gangpferde mit ihren gang- und gebäudespezifischen Besonderheiten zu transferieren, mit einem mehrgängigen Isländer wird man wohl auch eher selten in die Verlegenheit kommen Cavaletti-Arbeit als Vorbereitung für Passage zu nutzen oder im versammelten Galopp auf einer Acht auf dem Zirkel (mit kontinuierlichem Durch den Zirkel wechseln) zu arbeiten 😉

Für die tägliche Arbeit mit dem eigenen Islandpferd sind deswegen wohl eher die ersten 45 Minuten der DVD relevant, trotzdem fand ich es fast am Spannendsten zu sehen wie Ingrid Klimke fortgeschrittene Cavaletti-Arbeit auch nutzt um an versammelnden Dressur-Lektionen zu arbeiten (z.B. am versammelter Schritt, als vorbereitende Arbeit für die Passage, …). Dies ist eine Anwendungsform etwas das auch in der Dressurszene nicht besonders weit verbreitet sein dürfte, ich denke die meisten Reiter nützen Cavaletti-Arbeit doch vor allem als lösende Arbeit.

Die DVD enthält übrigens auch noch ein Begleitheft, das schematisch Cavaletti-Aufbauten und Richtlinien für Abstände zeigt und das man super mit in den Stall nehmen kann.

Vom Preis-/Leistungsverhältnisse finde ich die DVD auch in Ordnung, zwar sind Reit-DVDs immer sehr teuer, aber diese hat mit 80 Minuten Länge immerhin einen sehr brauchbaren Umfang und ist inhaltlich und von der Professionalität auf sehr hohem Niveau. Übrigens ist der Kommentar auch in englischer Sprache vorhanden.