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Buch-Tipp: „Die Schrecken der anderen“ von Martina Clavadetscher

Der Schweizer Roman „Die Schrecken der anderen“ von Martina Clavadetscher erzählt in sehr ruhigem und poetischen Ton eine Geschichte voller Düsternis und Schrecken.

Dabei fängt alles mit verstreuten Protagonist:innen und Handlungsfäden an: ein Archivar mit Angststörung begutachtet eine Leiche in einem gefrorenen See, eine mysteriöse ältere Frau in einem Wohnwagen beobachtet ihn dabei. Ein reicher alter Mann hat nicht nur Probleme mit den Augen und eine junge unglückliche Frau, sondern auch noch seine bösartige greise Mutter im Dachgeschoss. Wie alle diese Menschen und ihre Geschichten und Handlungen zusammen hängen erschließt sich erst im Laufe des Romans Scheibchen für Scheibchen, wobei die Autorin es hinbekommt, dass man als Leser:in eigentlich durchgehend die richtige Ahnung entwickelt, auch wenn es einem beim Lesen selbst gar nicht bewusst ist, wie genau dies zustande kommt. 

Einziger Schwachpunkt für mich ist, dass der Schreibstil doch in Teilen etwas sperrig ist, was es doch ein kleines bisschen schwierig macht ins Buch hineinzukommen. Ausgeglichen wird dies mit einigen Passagen in denen durch einzelne Charaktere Episoden aus der Vergangenheit sehr klar kommuniziert werden und was ein bisschen wie ein Stilbruch auf mich wirkte. Wenn man diese Punkte überwindet wird man aber durch die Bildsprache ins Geschehen gezogen und mit einem durchaus fulminanten und schlüssigen Ende belohnt. Der Highlight des Buches waren für mich einige Passagen, die so zielsicher treffend die heutige gesellschaftliche Lage beschreiben, dass ich inne halten musste um darüber nachzudenken. Insgesamt kein zu 100% einfaches Buch, aber eines das sich absolut lohnt. 

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Lesetipp: „Samy“ von Zdenka Becker

„Samy“ ist der Titelheld von Zdenka Beckers Roman, der dem Buch auch gleich den Namen gibt. Am Anfang des Buches liegt Samy im Krankenhaus, offenbar hat es eine Art Unfall gegeben, aber Samy ist kaum ansprechbar und erinnert sich an nichts. Die Psychologin Hana, die Samy privat seit Jahren kennt, weil sie mit dessen Mutter befreundet ist, versucht ihm die Ereignisse zu entlocken und einen Zugang zu ihm zu finden. Entlang dieser aktuellen Ereignisse wird die schwierige Lebensgeschichte von Samy erzählt, bis hin zu dem tragischen Ende.

Samy wächst in der damaligen Slowakei auf, seine Mutter ist Slowakin, sein Vater ein Österreicher indischer Herkunft, den seine Mutter auf einem seltenen Berlin-Besuch während eines Kongresses kennen gelernt hat und mit dem sie eine kurze aber intensive Affäre hatte. Das Ergebnis davon ist Samy, der als einziger dunkelhäutiger Junge in seiner Umgebung in der Slowakei mit so einigen Anfeindungen zu leben hat. Besonders schwer zu schaffen macht ihm sein ehemaliger Jugendfreund Harry und leider gelingt es Samy nicht über die Kränkungen der Kindheit hinweg zukommen, so dass er sich je älter er wird immer mehr in einem Strudel der Hoffnungslosigkeit und Paranoia verfängt.

Das Leben von Samy wird von früher Kindheit an erzählt, bis hin zu seinem Leben als Jugendlicher und als junger Erwachsener. Aber auch die Lebensgeschichte seiner Mutter Olga bekommt viel Raum und ich fand es besonders interessant auch Einiges über den Kommunismus und das Leben in der Slowakei der letzten Jahrzehnte zu erfahren. Man merkt, dass die slowakisch-österreichische Autorin dort auf sehr viele eigene Erfahrungen zurückgreifen kann.

Das Buch basiert anscheinend auf realen Ereignissen und manchmal merkt man das finde ich am Erzählstil, der ein bisschen wie eine Fallgeschichte daherkommt, was mich aber nicht gestört hat. Manchmal fand ich den Erzählstil allerdings etwas sperrig und ein bisschen unterkühlt, aber trotzdem sehr eindringlich.

Samys Lebensgeschichte und wie ihm sein Leben immer weiter entgleitet wird anschaulich und bewegend geschildert und viele Ereignisse des Buches lassen einen wütend und betroffen zurück, deswegen hat es mir insgesamt sehr gut gefallen.