Bücher

Hörbuch-Tipp: „Body Number One“ von Helen Fields

„Body Number One“ von Helen Fields ist ein Hörbuch-Thriller der in Edinburgh spielt. Im Laufe das Buches wurde mir bewusst, dass es sich dabei wohl um Teil einer (mir unbekannten) Reihe handelt, da man den Eindruck bekam, dass die verschiedenen Ermittler:innen der Leserschaft bekannt sein müsste. Richtig gestört hat das aber nicht und der Krimi-Handlung kann man auch problemlos folgen, wenn man den Charakteren das erste Mal begegnet. 

Ausgangspunkt der Geschichte ist, dass ein mysteriöser Killer scheinbar wahllos und mit verschiedenen Methoden verschiedene Menschen tötet, ohne dass ein Zusammenhang zwischen ihnen erkennbar wäre. Nicht nur Geschlecht, auch Hautfarbe, sozialer Status und Alter wirken willkürlich gewählt.  Der sich daraus entwickelnde Fall und die Entwicklungen und Verwicklungen sind dann tatsächlich sehr kreativ und endet auch mit einer Wendung, die für einen Thriller recht raffiniert ist (als Verdacht kam sie mir trotzdem vor der Auflösung, aber ich lese auch sehr viele Krimis).

Etwas irritierend fand ich dass die Charaktere in dem Buch teils etwas merkwürdige Namen trugen („Woolwine“, „Waterfall“, „Midnight“, die eher Assoziationen mit einem schnulzigem Romantikroman in mir erweckten, aber das ist ja eher nebensächlich).

Gelesen wird das Buch von Kaja Sesterhenn, die einen sehr guten Job macht und alle Charaktere individuell zum Leben erwecken konnte. Die wenigen etwas horrorartigen Momente des Buches brachte sie sogar so überzeugend rüber, dass mir das Buch für kurze Momente sogar fast etwas zu gruselig war. 

Insgesamt hat mich das Hörbuch sehr gut unterhalten. Etwas mehr Charakterentwicklung hätte den Ermittler:innen aber nicht geschadet, zumal es sehr viele davon gab, aber vielleicht entwickelt sich das eher über den Gesamtverlauf der Reihe.

Bücher

Buch-Tipp: „Die Ausweichschule“ von Kaleb Erdmann

„Die Ausweichschule“ von Kaleb Erdmann ist das zweite Buch das ich mir dieses Jahr von der Longlist des Deutschen Buchpreises herausgesucht habe und auch dieses Buch hatte es auf jeden Fall verdient auf die Shortlist zu kommen, auch wenn es am Ende nicht gewonnen hat. Das Buch beschäftigt sich mit dem Amoklauf in Erfurt der 2002 im Gutenberg-Gymnasium verübt wurde und bei dem der Täter 16 Menschen ermordete. 

Viele Jahre später arbeitet der Ich-Erzähler von „Die Ausweichschule“, der den Amoklauf als Kind miterlebte, an einem Buch über das damalige Geschehen, hadert aber damit ob es überhaupt in Ordnung ist, sein damaliges Trauma literarisch zu verarbeiten und versucht zu ergründen warum der Amoklauf über 20 Jahre später durch eine Zufallsbegegnung wieder so präsent in seinem Denken geworden ist. Bei dem Buch handelt es sich somit um ein Genre, dass die letzten Jahre sehr beliebt geworden ist: Autofiktion, denn der Autor Kaleb Erdmann war tatsächlich Schüler am Gutenberg-Gymnasium und hat den Amoklauf überlebt.

Es handelt sich also gewissermaßen um einen Meta-Roman, der in weiten Teilen den Schaffens- und Denkprozess des Autors zum Inhalt hat. Dies funktioniert aber ganz hervorragend, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht wenig zugänglich klingt. Mich hat das Buch aber sehr abgeholt und auch angeregt, mich weiter mit dem Thema und Literatur zu beschäftigen und somit ist das „Experiment“ für mich absolut gelungen und empfehlenswert, vor allem da das Buch sich durch den leisen und feinen Humor auch trotz des schweren Themas Leichtigkeit bewahrt.

Bücher

Buch-Tipp: „Sing lauter, Heidi!“ von Claudia Koreck und Gunnar Graewert

„Sing lauter, Heidi!“ von Claudia Koreck und Gunnar Graewert ist ein sehr spannendes und kreatives literarisches und musikalisches Projekt. Der Roman wird nämlich begleitet von einem zugehörigen Album („The Loveolution Project“), das die Singer- und Songwriterin genauso wie den Roman gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Songwriter und Musikproduzenten Gunnar Graewert kreiert hat.

In dem Roman finden sich also nicht ganz überraschend Charaktere mit ähnlichen Berufen wieder. Die junge aus einer chilenischen Einwandererfamilie stammende sehr talentierte Sängerin Heidi Morales lebt mit ihren Geschwistern und der alkoholkranken Mutter in New York und träumt davon mit ihrer Musik aus ihrem schwierigen Leben auszubrechen. Doch immer wieder wird sie vom Alltag zurück auf den Boden geholt. 

Der aus einer reichen (und skrupellosen) Familie stammende Mick hadert hingegen mit der Gefühlskälte und Geld- und Machtbesessenheit seines Elternhauses und möchte daraus ausbrechen. Tatsächlich gelingt ihm das und er wird zu einem der angesagtesten und bekanntesten Musikproduzenten der Welt…als Heidi und er zufällig aufeinander treffen  und ihre Kreativität vereinen, erschaffen sie etwas, dass das Potential hat die ganze Welt zu verändern.

Wie ich einem Interview entnahm, hatten Claudia Koreck und Gunnar Graewert die Idee zu dem Buch als sie darüber nachdachten wie man es schafft anhand der Welt- und Nachrichtenlage nicht die Hoffnung zu verlieren und das Buch beschäftigt sich mit der Frage ob Musik denn wirklich die Welt verändern kann. Dabei greift es die aktuelle Weltlage und Themen wie Rechtspopulismus und KI sehr präzise und realitätsnah auf (besonders beeindruckt war ich von der treffsicheren Analyse amerikanischer Politikverhältnisse) , aber ohne dass das Buch deprimierend oder kompliziert wäre, die Sprache ist sogar eher sehr direkt und schlicht gehalten und erhält sich ähnlich wie die Hauptpersonen eine idealistische Naivität. Auch dass hier zwei absolute Kenner der Musikbranche schreiben ist unverkennbar, sowohl anhand der Beschreibung kreativer Arbeit als auch anhand der schonungslosen Darstellung des CEOs des erfolgreichsten Record Labels der Welt (das vermutlich nicht ganz zufällig im Buch Universum Music heißt).

Die Verknüpfung von Buch und Album ist auch sehr gelungen, immer wenn ein Song des zugehörigen Albums in der Handlung des Buches vorkommt , ist ein QR Code im Buch abgedruckt (außerdem noch die Lyrics), mit dem man zu der offiziellen Homepage von Claudia Koreck gelangt, wo man die Songs direkt abspielen kann (man braucht also keinen Streaming Dienst). Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, die Songs an der jeweiligen Stelle zu hören, da man so auch noch mehr in die Handlung versetzt wird. Das Musikalbum ist aber auch komplett und eigenständig sehr empfehlenswert (genau wie die anderen Alben von Claudia Koreck).

Insgesamt ein wirklich wunderschönes und hochaktuelles Buchprojekt, das jede Aufmerksamkeit verdient hat!