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Krimi-Tipp: „Todesstiche“ von Nina Darnton

„Todesstiche“  von Nina Darnton kommt optisch im typischen Thriller Design daher, auch der Titel klingt natürlich nach einem eher reißerischen Thriller (die dazu abgedruckte Wespe passt null zur Handlung und ist wohl eine sehr unkreative Verarbeitung des Wortes „Stich“ im Titel). Dieser Eindruck täuscht aber eher, was vielleicht für eine Vermarktung des Buches nicht ganz optimal ist, denn eigentlich handelt es sich bei dem Buch eher um einen psychologischen Krimi oder sogar noch eher um einen Entwicklungsroman der Hauptperson Jennifer und ein Familiendrama.

Die Hauptrolle im Buch spielt Jennifer, eine amerikanische Hausfrau und Mutter von drei Kindern. Ihr Mann arbeitet den ganzen Tag als Haushalt und Jennifer hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die perfekte verständnisvolle Helikopter-Mutter für ihre 3 Kinder zu sein. Auf andere berufstätige Mütter schaut sie eher herunter und sie ist stolz auf ihr geradezu perfektes Leben und ihre perfektes Leben. Sie ist also geradezu unerträglich unsympathisch 😉 und man wünscht ihr irgendwelche Probleme geradezu auf den Hals. Diese kommen dann auch in Form einer Hiobsbotschaft aus Spanien, wo ihre älteste Tochter Emma aktuell studiert. Emma wurde festgenommen, nachdem in ihrer Wohnung ein Mann erstochen wurde. Laut Emma versuchte er sie zu vergewaltigen, worauf ein zufällig vorbeikommender Algerier ihn erstach, um Emma zu retten. Jennifer fliegt sofort nach Spanien, um ihrer Tochter zur Seite zu stehen. Während die Polizei Emmas Geschichte für höchst unglaubwürdig hält und immer mehr Indizien gegen ihre Version sprechen, hält Jennifer eisern zu Emma, bis auch ihr immer mehr Zweifel an ihrer Tochter kommen.

Der Ausgangspunkt des Buches erinnerte mich etwas an den Fall Amanda Knox (auch wenn der Mordfall sich letztendlich nicht sehr ähnelt), weswegen das Buch mein Interesse weckte (ich hatte erst vor einiger Zeit eine Netflix Doku über Amanda Knox gesehen). Das Buch hat mich definitiv auch nicht enttäuscht, es ist gut geschrieben, die Infos über Land und Leute wirken kompetent recherchiert und mir gefiel sehr gut, dass die Autorin sehr viel Wert auf Charakterentwicklung und psychologische Hintergründe legt. Das Buch las sich eher wie altmodischer psychologischer Krimi a la Ruth Rendell, was schon immer ein Krimi-Genre ist, dass ich besonders liebe. Auch macht Jennifer im Laufe des Buches eine glaubhafte Entwicklung durch, so dass sie einem doch fast noch sympathisch wird. Mir hat das Buch wirklich gut gefallen, allerdings finde ich die Vermarktung als Thriller bei der Deutschen Ausgabe etwas unglücklich, da Thriller-Fans vermutlich enttäuscht sein werden (die englische Originalausgabe heißt zum Beispiel „Perfect Mother“, was auch viel besser zum Inhalt passt). Diese Ambivalenz verspürte wohl auch der Verlag zu irgendeinem Zeitpunkt, denn es sind im Internet zwei Cover Versionen zu finden, einen mit Untertitel „Thriller“ und einen mit Untertitel „Roman“.

Als Schwachpunkt würde ich sehen, dass eigentlich gar nicht so wirklich viel passiert, so dass man nicht wirklich von Überraschungen in der Handlung sprechen kann. Auch die eine existierende Wendung hat etwas Unausweichliches, weswegen sie nicht wirklich überrascht. Trotzdem für mich ein sehr unterhaltsames und kurzweiliges Buch.

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Buchtipp: „Die letzten Tage meiner Kindheit“ von Rafel Nadal

Heute möchte ich ein Buch aus einem Genre vorstellen, das ich normalerweise nicht so häufig lese, nämlich einem historischen Roman, und zwar geht es um „Die letzten Tage meiner Kindheit“ des spanischen Autors und Journalisten Rafel Nadal (nicht zu verwechseln mit dem Tennispieler Rafael Nadal 😉 Lustigerweise beginnt die Autorenbeschreibung im Buch mit den Worten „Rafel Nadal kann besser schreiben als Tennis spielen“, diese Verwechslung ist dem Autor wohl schon häufiger passiert).

Der Hauptteil des Buches spielt Anfang und Mitte der 1940er Jahre in einem kleinen spanischen Dorf, wenige Jahre nach Ende des spanischen Bürgerkrieges. Die Geschichte erzählt von der Kindheit und dem weiteren Lebensweg von Lluc, dessen (alleinerziehende) Mutter am letzten Tag des Bürgerkriegs auf dem Dorfplatz vor den Augen ihres Sohnes erschossen wurde, als sie einem Verwundeten Kämpfer beistehen wollte. Lluc wächst seitdem bei Senora Stendhal, deren Vater und deren halbwüchsigem Sohn Dani auf, die er alle verehrt und bei denen er sich geborgen fühlt. Doch das Leben im Dorf ist weiterhin von Angst, Gewalt und Misstrauen geprägt, viele Anhänger des Widerstands gegen Franco verstecken sich seit dem Krieg immer noch in den Bergen und Wäldern rings um das Dorf und träumen von einem Umsturz der Regierung oder versuchen nur irgendwie zu überleben. Bei einer Rückkehr ins Dorf droht ihnen die Hinrichtung. Auch im Dorf stehen sich heimliche Sympathisanten der Rebellen sowie treue Anhänger der Regierung gegenüber und wenige reiche Großgrundbesitzer dominieren das ganze Dorf, während andere kaum über die Runden kommen. Trotz allem verlebt Lluc zunächst eine halbwegs  normale Kindheit, er bewundert den leidenschaftlichen und politisch engagierten Dani, er schwärmt für Senora Stendhal, doch eines Tages wird er durch schlimme Ereignisse so getroffen, dass er sich den Rebellen im Wald anschließt und wird fortan von dem Gedanken beherrscht für Gerechtigkeit für seine Mutter und seine Ersatzfamilie zu sorgen…doch im Laufe seines Lebens muss er realisieren, dass Rache oft dazu führt, dass man genauso schlimm wird wie seine Gegner und dass es im Krieg keine „Guten“ gibt

Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen, die Hoffnungslosigkeit, Brutalität und Ungerechtigkeit der damaligen Zeit in Spanien wird eindringlich geschildert und man leidet mit Lluc und den restlichen Personen mit. Allerdings ist es etwas schwierig die ganzen historischen Zusammenhänge zu verstehen, wenn man mit der Geschichte Spaniens nicht in der Tiefe vertraut ist. Um den Grundtenor des Buches zu verstehen ist das aber nicht so wichtig. Trotzdem hätte ich mir für mich selbst mehr Hintergrundwissen über die damalige Zeit in Spanien gewünscht.

Mein einziger Kritikpunkt ist, dass das Buch im letzten Drittel, als Lluc sich in die Berge zu den Rebellen absetzt vorübergehend doch einen recht abrupten und auch etwas unausgewogenen stilistischen Bruch erlebt, der bei mir den Lesefluss doch kurzzeitig etwas gestört hat. Insgesamt fand ich den Roman aber sehr lesenswert.