Das Jugendbuch „Last Night at the Telegraph Club“ von Malinda Lo ist definitiv eines meiner absoluten Lese-Highlights des Jahres 2023. Schon das Cover ist eine Augenweide, aber der Inhalt sogar noch mehr. Die 17-jährige Lily wächst in den 1950er Jahren als Tochter chinesischer Einwanderer:innen in San Francisco auf. Das Leben der Familien in Chinatown ist hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis möglichst amerikanisch und integriert rüber zu kommen und gleichzeitig chinesische Traditionen zu pflegen. In einer Zeit in der Konformität auch sonst gesellschaftlich eine dominierende Rolle spielt ist Lily anders als andere Mädchen ihres Alters. Nicht nur, dass sie sich leidenschaftlich für Raketen und Science Fiction Romane interessiert, auch ihre Gefühlswelt verwirrt sie, auch wenn sie noch nicht genau weiß inwiefern. Als sie ihrer Schulkameradin Kath näher kommt, nimmt Lilys bisher so behütetes und konservatives Leben einen Lauf, den sie sich nie hätte vorstellen können. Sie besucht sogar mit Kath einen Nachtclub, den „Telegraph Club“, in dem die Herrenimitatorin Tommy auftritt und für Lily eröffnet sich ab diesem Zeitpunkt eine ganz neue Welt.
Mir hat an dem Buch eigentlich alles gefallen: Die Liebesgeschichte ist wundervoll gefühlvoll erzählt, Lily ist ein ganz normales chinesisch-amerikanisches Mädchen, mit dem man mitfühlt und sich identifizieren kann, man lernt nebenbei noch wahnsinnig viel darüber wie es war als chinesische Einwandererfamilie in den USA der 1950er Jahre zu leben, immer in der Sorge abgeschoben zu werden oder vom FBI für Kommunisten gehalten zu werden. Auch die Einblicke in die chinesischen Familien und Traditionen waren wirklich informativ. Und natürlich lernt man wie nebenbei auch noch unheimlich viel über die LGBTIQ*-Szene der 1950er Jahre in San Francisco, über eine Subkultur, die lebte und gedieh, trotz Zwangs zur Heimlichtuerei und der ständigen Furcht vor Repressalien (deprimierend hierbei, dass manche US-Bundestaaten und Politiker gerade mit Hochdruck daran zu arbeiten scheinen derartige Verhältnisse wieder herzustellen, was dann auch noch gewisse CSU-Größen dazu animieren ähnlichen Quatsch zu twittern).
Für mich ein sprachlich wie inhaltlich fast perfektes Jugendbuch, dass sich auch wunderbar für Erwachsene eignet und auch aus der Masse der LGBTIQ*-Literatur besonders hervorsticht. Hervorzuheben ist auch noch, dass das Buch am Ende ein Kapitel mit Hintergrundinformationen zu den Recherchen, Quellen und zur Historie der chinesisch-amerikanischen Einwanderer:innen und der queeren Szene in San Francisco in den 1950ern enthält, das ich super interessant fand.
Ich habe das Buch auch gelesen und fand es wirklich interessant.