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Buchtipp: „Als die Kirche den Fluss überquerte“ von Didi Drobna

„Als die Kirche den Fluss überquerte“ von Didi Drobna ist nicht nur vom Titel her ein außergewöhnliches Buch.
Ich konnte mir anhand des Klappentextes relativ wenig vorstellen was mich erwartet und ging deswegen ganz unbedarft an das Buch heran.
Hauptperson des Buches ist der ca. 20jährige Daniel, der zusammen mit seiner ebenfalls erwachsenen Schwester Laura noch bei den Eltern lebt. Am Beginn des Buches macht die Familie zum letzten Mal einen traditionellen Familienurlaub, am letzten Tag des Urlaubs trennen sich die Eltern und der Vater zieht aus. Für Daniel ist das ein Schock. Das Buch dreht sich in Folge darum, wie Daniel und der Rest seiner Familie diesen Einschnitt verkraftet und wie die Familie und damit Daniels ganzes Selbstverständnis mit der Zeit immer mehr auseinanderbricht.
Zusätzlich zu den aktuellen Ereignissen erzählt das Buch in einigen Rückblenden von Daniels und Lauras Kindheit, die Daniel ziemlich verklärt und was sicher mit dazu führt, dass er auch als Erwachsener nicht in der Lage ist damit umzugehen, dass die (sowieso nur vermeintlich) „Heile Familienwelt“ der Vergangenheit nicht mehr existiert.

Ich fand das Buch einerseits sehr beeindruckend und habe es innerhalb von 2 Zugfahrten verschlungen, es war aber für mich trotzdem nicht immer leicht mich mit Daniel als Hauptperson anzufreunden, denn er ist nicht gerade ein übermäßig sympathischer Charakter. Er nimmt sich und seine Rolle in der Familie übertrieben ernst, hat ein etwas merkwürdiges Frauenbild und neigt zu Selbstmitleid. Außerdem hat er keinen Job, scheint keine Ausbildung zu machen und hängt anfangs quasi nur zuhause rum, so dass man desöfteren das Bedürfnis hat ihn zu schütteln und ihn dazu zu bringen sein Leben in die Hand zu nehmen. Das macht es (zusammen mit einer etwas
verstörenden Obsession) ziemlich schwierig ihn zu mögen und da das Buch in der Ich-Perspektive erzählt wird, ist das durchaus etwas irritierend wenn man die Geschehnisse quasi aus dem Blickwinkel eines Erzählers betrachtet, mit dem man sich gar nicht identifizieren kann.

Trotz meiner Probleme mit der Hauptfigur hat mir das Buch insgesamt aber trotzdem sehr gut gefallen, die Entwicklung der Familie wird einfühlsam, dramatisch
und trotzdem humorvoll geschildert und mit der Zeit lernt man an Daniel auch seine positive Seiten kennen, so dass die eher traurigen Geschehnisse am Ende des Buches auch tatsächlich berühren können. Für mich eines der Bücher, die 2018 am Meisten aus dem „Mainstream“ herausgestochen sind. Übrigens hatte ich anhand des Autorennamens die ganze Zeit einen älteren männlichen Autor vor Augen und war beim Googeln recht überrascht, dass Didi Drobna eine noch recht junge weibliche Autorin ist 😉

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Lesetipp: „Tage der Schuld“ – Ein Krimi aus dem Island der 70er Jahre

„Tage der Schuld“ ist ein weiterer Krimi aus der Kommissar Erlendur Reihe von Arnaldur Indridason. Die Krimireihe umfasst schon einige Bände, die in der Gegenwart spielen, dazu kommen inzwischen einige Romane, die in der Vergangenheit spielen und in denen Kommissar Erlendur als Jung-Kommissar oder dessen Vorgesetzter Marian Briem im Mittelpunkt stehen. Insgesamt haben mir die meisten Fälle der Kommissar Erlendur Reihe gut gefallen, wobei ich sagen muss, das es doch auch ein paar schwächere Bände gibt. Dazu gehörte für mich zum Beispiel „Duell“, das in den 70er Jahren spielt und etwas zäh daher kam. Deswegen war ich mir vorab nicht sicher ob mir „Tage der Schuld“ gefallen würde, denn auch dieser Band spielt in den (späten) 70er Jahren. Allerdings steht dort wieder Jung-Kommissar Erlendur im Mittelpunkt und nicht wie bei „Duell“ Marian Briem.

In dem Krimi wird ein junger Mann tot aufgefunden und zwar in einem künstlichen Salzwasser-See, einem „Abfallprodukt“ des nahe gelegenen Geothermalkraftwerks (dieses Abfallprodukt gibt es noch heute und zwar als weltbekannte stylisch teure Wellness-Oase „Blaue Lagune“ –> die Isländer waren schon immer findig im Vermarkten ihrer Produkte). Schnell stellt sich heraus, dass der Mann nicht dort starb, sondern durch einen Sturz aus hoher Höhe auf einen harten Untergrund. Kommissar Erlendur und Marian Briem versuchen hinter den Tod des Mannes kommes. Hat die nahegelegene US-Militärbasis auf der der Mann gearbeitet hat, etwas mit seinem Tod zu tun?

Parallel ist Kommissar Erlendur privat mit seinem Lieblingsthema beschäftigt, von dem er seit dem Verschwinden seines eigenen Bruders als Kind besessen ist, dem spurlosen Verschwinden von Menschen auf Island. Konkret lässt ihn der alte Fall eines jungen Mädchens nicht los, das kurz nach ihrem 18. Geburtstag ihr Haus verließ und auf dem Schulweg spurlos verschwand. Auf eigene Faust versucht er den Fall noch mal aufzurollen und rauszufinden, was mit dem Mädchen passiert ist.

Die Kriminalfälle in „Tage der Schuld“ fand ich gut gelungen, beide sind spannend und interessant und man erfährt wie nebenbei noch interessante historische Informationen über Island, zum Beispiel über das ambivalente Verhältnis der Isländer zu der amerikanischen Militärpräsenz auf Island, über den Einfluß des Kalten Krieges auf das Land oder darüber wie die „Blaue Lagune“ tatsächlich entstanden ist (wußte ich auch nicht, obwohl ich auch schon darin geschwommen bin).

Der Schreibstil ist wie immer eher nüchtern und knapp, was manchmal ein bisschen dazu führt, dass selbst in spannenden oder lebensbedrohenden Situationen kein richtiges Gefühl für Gefahr aufkommt. Mir gefällt der Schreibstil von Indridason als Abwechslung von dynamischeren oder verspielteren Autoren aber zwischendrin immer gut. Als Schwäche könnte man dem Roman eventuell noch auslegen, dass die beiden Kriminalfälle nichts miteinander zu tun haben, so dass man eigentlich 2 Krimis in Einem liest. Da mir beide Handlungsstränge gefallen haben, ist das für mich aber kein Nachteil.

 

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Lesetipp: „Die Optimierer“ von Theresa Hannig

Heute möchte ich eine spannende Neuerscheinung vorstellen, die sich mit brandaktuellen Zukunfts-Themen beschäftigt, nämlich den Roman „Die Optimierer“ von Theresa Hannig. Eigentlich lese ich nicht besonders gerne Bücher aus dem Genre Sci-Fi, allerdings handelt es sich bei dem Buch eher um eine unterhaltsame Gesellschaftskritik und -utopie, die auch für Leser geeignet ist, die nicht so gerne Bücher lesen, die in der Zukunft spielen.

„Die Optimierer“ von Theresa Hannig spielt im Jahr 2052. Deutschland gibt es nicht mehr, stattdessen haben sich einige Staaten zur sogenannten Bundesrepublik Europa
zusammengeschlossen.

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Auch der Kapitalimus ist „überwunden“ und durch die sogenannte Optimalwohlökonomie“ ersetzt, in der der Staat für jeden Bürger den optimalen Beruf und Lebensweg bestimmt (oder ihn sofern es keinen optimalen Beruf gibt in die Kontemplation – ergo ins Nichtstun – schickt), Roboter viele Arbeiten übernehmen und alle Bürger (natürlich zu ihrer eigenen Sicherheit) quasi nonstop überwacht werden.

Samson Freitag, die Hauptperson des Romans, ist Lebensberater im Staatsdienst und dafür zuständig die Bürger in für sie 100% passende Berufe und Lebenswege zu vermitteln. Samson ist ein pedantisch überzeugter Vertreter der Optimalwohlökonomie. Fast täglich schickt er digitale Verbesserungsvorschläge an die zuständige Stellen (ein Weg um wertvolle Sozialpunkte zu sammeln, die das eigene Standing in der Gesellschaft und den beruflichen Aufstieg sichern) und geht in seinem Beruf auf.
Dass seine Eltern und seine Freundin von der aktuellen Staatsform gar nicht so überzeugt sind wie er und seine begeistert naive Staatstreue eher nervig finden, kann er gar nicht nachvollziehen.

Doch dann gerät Samsons perfekt systemkonformes Leben so langsam aus den Fugen: seine Freundin verlässt ihn, eine Lebensberatung geht völlig schief, bei der Arbeit geht es generell steil bergab, seine Gesundheit macht ihm zu schaffen und während Samsons beruflichen Erfolge und Sozialpunkte dahin schwinden, gerät er immer mehr in einen Strudel der ihn bis in seine Grundfeste erschüttert.

Mir hat der Roman hervorragend gefallen, einerseits liest er sich extrem kurzweilig und spannend (ich glaube ich habe ihn in knapp 3 Stunden verschlungen),
besticht durch einen feinen Humor und ist trotzdem auch sehr beunruhigend, da man sich Vieles darin für die Zukunft zu 100% vorstellen kann, wenn man die Entwicklungen
der heutigen Zeit betrachtet. Vom Klappentext hatte ich eine moderne Art „1984“ oder „Schöne neue Welt“ erwartet, der Vergleich ist auch nicht ganz unpassend, wobei das Buch mit solchen Klassikern vielleicht doch nicht ganz mitteilen kann, denn die Gesellschaftskritik bleibt doch eher an der Oberfläche.
Dafür liest sich das Buch fast wie ein Krimi oder Thriller und hat einen sehr hohen Unterhaltungswert.

Möchte man etwas kritisieren, dann vielleicht, dass ich die erste Hälfte des Buches, in der die Gesellschaft in der Samson lebt überhaupt erst vorgestellt wird und die Samsons Absturz beschreibt etwas gelungener finde als die zweite Hälfte, wo Samsons Umgang mit seiner Situation und der Weg hin zur finalen Auflösung doch ein bisschen wie abgekürzt erzählt wird. Außerdem lässt sich eine überraschende Wende am Ende des Romans für geübte Leser wirklich leicht vorab erraten.
Dem Unterhaltungswert des Romans tut das aber keinen Abbruch, mir hat er insgesamt wirklich super gefallen.

 

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Noch mehr Buchtipps im Mai: gelungene Thriller

Heute möchte ich zwei sehr gelungene Bücher aus einem Genre vorstellen, das ich eigentlich gar nicht (mehr) so häufig lese, nämlich Thriller. Die meisten Thriller laufen mir nämlich zu sehr nach Schema F ab (das ist bei Krimis zwar natürlich auch so, aber meist finde ich Thriller tendenziell noch einen Ticken vorhersehbarer und klischeehafter). Die beiden Thriller, die ich diesen Monat gelesen habe, ragen aber definitiv aus dem Einheitsbrei heraus:

Paul Pen – „Das Haus in der Kakteenwüste“ (Genre: Thriller)

Paul Pen ist ein spanischer Autor, von dem ich bisher noch nie was gehört hatte. Beim Stöbern für ein Geburtsgeschenk bin ich aber auf den ungewöhnlichen Buchtitel und das Thriller-typische atmosphärische Cover aufmerksam geworden. „Das Haus in der Kakteen Wüste“ spielt in Mexiko, dort wohnt eine sechsköpfige Familie abgeschieden, aber auf den ersten Blick glücklich in der Wüste, umgeben nur von einer endlos scheinenden Weite von Wüste und Kakteen. Der Vater Elmer arbeitet Meilen entfernt an einer Tankstelle während die Mutter Rose sich um die 4 Töchter kümmert und auf den ersten Blick eine Idylle geradezu herauf beschwört. Doch schon am Anfang des Buches ist ein ständiges Unwohlsein zu spüren. Rose hat nachts mit Angstattacken zu kämpfen. Die beiden 6-jährigen Zwillingstöchter Dahlia und Daisy haben merkwürdige Rituale die entweder überdreht oder bestenfalls niedlich wirken. Die älteste Tochter Iris vergräbt sich in Büchern und träumt fast fanatisch von einem Liebhaber (und Sex). Die 13-jährige Melissa sammelt Steine, klebt ihnen Augen auf, gibt ihnen Namen und redet mit ihnen, um ihre Einsamkeit zu bekämpfen. Außerdem erfährt man gleich am Anfang, dass der Familie ein schlimmer Schicksalsschlag zugestoßen ist, die älteste Schwester der Mädchen liegt begraben in der Nähe des Hauses, woran und wie sie starb, erfährt der Leser nicht.

In diese merkwürdige und brüchig wirkende Idylle, die von Anfang an beunruhigend manisch wirkt, bricht eines Tages ein Fremder ein, der junge Rick kommt scheinbar zufällig als Backpacker bei der Familie vorbei, doch schnell merkt man, dass er eigene Interessen verfolgt.

Was danach passiert,  möchte ich gar nicht verraten, die Ereignisse überschlagen sich wie in einem Strudel und der Leser lernt wie wenig zwischen Liebe und Wahnsinn liegen kann. Das Buch hat mich jedenfalls mitgerissen und ich habe es fast in einem Schwung durchgelesen. Für Freunde von klassischen Psycho-Thrillern ist es aber vermutlich nur bedingt etwas, ich bin nicht mal sicher ob ich es im Genre Thriller einordnen würde, es ist vielleicht eher ein etwas außergewöhnliches Familiendrama. Auch der Schreibstil ist durchaus ungewöhnlich, wollte man ihn negativ betrachten, könnte man ihn als blumig oder tendenziell sogar etwas schwülstig bezeichnen, ich fand aber, dass er perfekt zu der Stimmung der Familie passt und das Gefühl, dass mit allem und allen im Buch „etwas nicht stimmt“ perfekt unterstrichen hat.

Ob ich das Buch weiterempfehlen kann, hängt vermutlich vom Leser ab, auch die Rezensionen zeigen, dass das Buch eher starke Reaktionen auslöst (viele besonders gute oder besonders schlechte Rezensionen). Wer am Ende eines Buches möglichst alles 100% aufgelöst haben will, wird z.B. mit dem Buch vermutlich nicht so glücklich werden, denn Ende und auch einige Hintergründe bleiben relativ offen gehalten. Ich fand das Buch insgesamt wirklich klasse und herausragend und werde auch die anderen Büchern des Autors in Augenschein nehmen.

Simon Beckett – „Totenfang“ (Genre: Thriller)

„Totenfang“ von Simon Beckett ist der neueste Band aus der Krimireihe rund um den forensischen Anthropologen David Hunter. Ich habe alle Bücher der Reihe gelesen, bin aber kein Riesenfan davon, manche Teile fand ich sehr gelungen, andere weniger. Generell hatte ich manchmal den Eindruck, dass mir in manchen Büchern die pathologischen Beschreibungen etwas zu viel Raum einnahmen (das Thema nutzt sich auch ab), deswegen war ich gespannt wie mir dieser Band gefallen würde.

David Hunters Karriere darbt nach den Geschehnissen des Vorgängerromans (an den ich mich ehrlichgesagt nicht mehr im Detail erinnere) am Anfang dieses Bandes etwas vor sich hin, seine Dozenten Stelle an der Uni ist in Gefahr.. Von dem her kommt es im gelegen als er überraschend zur Bergung einer Wasserleiche in die abgelegenen Backwaters von Essex hinzugezogen wird (ein unwirtliches Marschland). Der Tote soll vermutlich Leo Villiers, der Sohn einer reichen Familie sein, der vor einigen Wochen verschwand und mutmaßlich Selbstmord begangen hat, nachdem einige Zeit vorher seine Geliebte verschwand und er wiederum unter Mordverdacht geriet.

Doch obwohl der Fall eindeutig scheint und der Tote die Kleidung von Leo Villiers trug, kommt doch alles anders als erwartet und David Hunter muss bald nicht nur die Identität eines, sondern gleich mehrerer Toter aufdecken. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände kommt er während der Ermittlungen im Bootshaus einer Familie unter, die mit dem Mordfall zusammenhängt, schnell vermischt sich Privates und Berufliches und der Fall wird immer komplizierter.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Die Story ist interessant und kreativ und zur Abwechslung mal nicht so einfach vorauszusehen, sie hat mich sehr gut unterhalten. Einzig die Anzahl von Zufällen durch die David Hunter auf neue Erkenntnisse stößt, ist doch ein wenig unglaubwürdig (außerdem verhalten sich dieProtagonisten ständig unvernünftig und bringen sich in Gefahr, aber das ist man von dem Genre ja gewohnt). Die Atmosphäre des Buches mit dem Setting in den Backwaters war mal etwas anders und auch sehr gelungen, insgesamt war das für mich deswegen ein sehr gelungener Thriller und von Simon Beckett definitiv eines der besten Bücher der Reihe.

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Buchtipps zum Osterfest – Lustig und nachdenklich

Diesen Monat war ich eine Woche im Urlaub, weswegen ich eine leichte Urlaubslektüre für unterwegs gebraucht habe. Was würde sich dafür mehr anbieten als ein „Bilderreisetagebuch“ von Deutschlands Comedy Star Martina Hill? Außerdem habe ich einen „Coming-Of-Age“ Roman über ein junges Mädchen auf Sinnsuche gelesen, der mir ebenfalls sehr gut gefallen hat:

Martina Hill – „Was mache ich hier eigentlich“ (Genre: Reise/Comedy)

„Was mach ich hier eigentlich“ von Martina Hill habe ich mir gekauft, da ich ein großer Fan von Martinas Serie „Knallerfrauen“ bin und Martina Hill aktuell meine deutsche Lieblings-Komödiantin ist. Deswegen dachte ich, dass ich mit ihrem kleinen und vom Umfang recht übersichtlichen Büchlein über ihren Kurztrip nach China auch nichts falsch machen kann. Meine Vermutung wurde auch durchaus bestätigt.

Hintergrund des Buches ist, dass Martina es wohl geschafft hat mit ihrer Serie „Knallerfrauen“ in China zu einer gewissen Bekanntheit zu gelangen, da sich Folgen der Serie mit Untertiteln in chinesischen sozialen Netzwerken verbreitet haben und ihr Humor dort gut ankam (was ich ganz witzig finde, da der Humor „Knallerfrauen“ ja durchaus teilweise recht „speziell“ daher kommen kann und viele Sketche ja auch durchaus textlastig sind. Allerdings ist das wohl kein chinesisches Phänomen, denn eine amerikanische Facebook Freundin von mir hat auch schonmal einen Ausschnitt aus „Knallerfrauen“ geteilt). Martina wurde deswegen nach China eingeladen um mit einem chinesischen Comedian ein paar Sketche fürs chinesische Fernsehen zu drehen.

In dem Buch erzählt Martina von ihrer Reise nach China, den Dreharbeiten, ihrer Flugangst und ihrem Besuch einiger (sehr mainstream-lastigen) chinesischen Sehenswürdigkeiten. Sprachlich ist das Buch leicht, etwas flapsig und Slapstick-artig geschrieben und mit einigen persönlichen Anekdoten aus Martinas Kindheit und Jugend garniert, die auch sehr nett sind, um einen kleinen Eindruck in ihr Leben zu bekommen. Große Literatur ist das natürlich nicht und auch als richtiges Reisetagebuch oder um wirklich etwas Tiefgehendes über China zu erfahren eignet sich das Buch nicht, dazu bleibt es zu anekdotisch und oberflächlich. Es ist aber eine unterhaltsame und charmante leichte Lektüre für zwischendurch. Ich habe das Buch wie oben angemerkt selbst auf einer Urlaubsreise gelesen (allerdings nicht nach China 😉 ) und für solche Gelegenheiten ist es genau das Richtige, vorausgesetzt natürlich man kann mit Martina Hill und ihrem Humor generell etwas anfangen.

Jan Schomburg – „Das Licht und die Geräusche“ (Genre: Belletristik)

Im Mittelpunkt von „Das Licht und die Geräusche“ stehen 3 Jugendliche oder junge Erwachsene (das genaue Alter wird soweit ich mich erinnere nicht erwähnt), Johanna, Boris und Ana-Clara. Johanna ist in ihren Schulkameraden Boris verliebt, der aus Portugal nach Deutschland zurück gezogen ist und in Johannas Schulklasse gekommen ist. Irgendwie entwickelt sich zwischen den beiden aber nie etwas Romantisches, Boris ist offiziell noch mit seiner portugiesischen Freundin Ana-Clara zusammen, auf die Johanna entsprechend eifersüchtig reagiert. Obwohl sich Johanna mehr wünscht, bleiben sie und Boris nur enge Freunde.

Zumindest bis zu dem Zeitpunkt wo Boris anfängt sich merkwürdig zu verhalten und plötzlich verschwindet. Jetzt verändert sich alles und Johanna muss auf die Suche nach ihm gehen…

Ohne zu viel über den Inhalt des Buches verraten zu wollen, sind die zentralen Themen im Buch wohl die Liebe, das Erwachsen werden und die Suche nach sich selbst. Was dem Autor aus meiner Sicht wirklich hervorragend gelungen ist, ist das Schreiben aus Sicht von Johannas Gefühlswelt heraus, das Buch fühlt sich wirklich so an, als würde man in Johannas Gedanken stecken bzw. als wäre man selbst Johanna…dadurch kommt man ihrem Leben irgendwie sehr nahe und alles ist unheimlich authentisch. Für mich hat er die oftmals egozentrischen, unlogischen und unsicheren Gedanken, die man als Teenager hat auch wirklich glaubwürdig eingefangen und die Teile des Buches, die die Interaktion von Johanna mit Schulkameraden und mit ihrer Familie schildern, fand ich wirklich sehr überzeugend.

Das Highlight des Buches für mich war allerdings die Sprache, die gleichzeitig einfach und direkt ist, aber trotzdem poetisch und speziell. Gleichzeitig ist die Erzählweise etwas sprunghaft, was manche Lesen stören könnte, für mich hat es super zum Buch gepasst.

Als Schwäche würde ich nennen, dass die Handlung an sich etwas vorhersehbar ist und das Buch auch sicher nichts für Menschen ist, für die eine überzeugende Storyline das Wichtigste an einem Buch ist. Da mich die Sprache aber so überzeugt hat, fand ich das Buch trotzdem sehr lesenwert.

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Literarischer Jahresanfang 2017

Dieses Jahr habe ich literarisch mal wieder mit einem Krimi und einem Jugendbuch begonnen, beides von Deutschen Autoren:

Nele Neuhaus – Im Wald (Genre: Krimi)

Nadine Gersberg – Run Boy. Run Girl. (Genre: Jugendbuch)

„Run Boy Run Girl“ ist ein Jugendbuch, das sich gleich einige durchaus anspruchsvolle Themen vornimmt. So ist die Hauptperson, der 15-jährige Ben, vor kurzem schwer erkrankt, möchte aber trotzdem sein neues Lieblingshobby, die Sportart „Parcours“ nicht aufgeben und versucht mit allen Mitteln sich selbst und seinen Körper davon zu überzeugend, dass es ihm gut genug dafür geht.

Beim Parcours lernt er auch die andere Hauptperson des Buches kennen, die Türkin „Bahar“, zugleich kleine Schwester seines Trainers und leidenschaftliche Fußballspielerin. Das Kennenlernen zwischen den beiden ist durch Missverständnisse und Zickereien geprägt, aber trotzdem bahnt sich im Laufe des Buches eine Liebesgeschichte an…

Insgesamt ist das Buch also durchaus ein typischer Vertreter aus dem „Young Adult“ Bereich, eine Liebesgeschichte, typische Teenagersorgen und durchaus ernsthafte Probleme. Im Mittelpunkt steht hierbei wie Ben mit seiner Erkrankung umgeht und Bahars Schwierigkeiten als junge Deutsch-Türkin in Deutschland zurecht zu kommen. Die Themen werden finde ich sehr authentisch und glaubwürdig dargestellt, ohne dass es aufgesetzt oder konstruiert wirkt. Lediglich ein paar arg viele „Zufälle“ gibt es in dem Buch.

Der Schreibstil (die Story wird abwechselnd aus Sicht von Bahar und Ben erzählt) hat mir dabei gut gefallen, locker und leicht und sehr gut lesbar. Auch hat mir sehr gefallen wie die Charaktere herausgearbeitet sind, Ben, eher ruhig und nachdenklich, aber voller Biss was seine Ziele angeht. Bahar eher eine Rebellin, die oft aneckt und schnell konfrontativ wird.

Mir hat das Buch gut gefallen, man kann es auch als Erwachsener gut lesen und dadurch, dass es einen weiblichen und einen männlichen Hauptcharakter hat, kann es denke ich sowohl für männliche als auch weibliche junge Leser interessant sein.