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Buch-Tipp: „Kleine Monster“ von Jessica Lind

„Kleine Monster“ von Jessica Lind ist ein weiterer Roman, der es auf die Nominierungsliste für den Österreichischen Buchpreis geschafft hat. Und ich kann gleich am Anfang sagen, dass der Roman eines meiner absoluten Lese-Highlights des Jahres 2024 geworden ist.

Im Mittelpunkt steht eine kleine Familie, Pia und Jakob mit ihrem Sohn Luca. Luca ist ein eher verschlossener und sensibler kleiner Junge im Grundschuldalter, dem plötzlich etwas für seine Mutter absolut Schockierendes vorgeworfen wird: er soll sich vor einer Schulkameradin entblösst haben. Obwohl die Angelegenheit in der Schule ohne größere Nachwirkungen aufgelöst wird, wirft sie Pia zurück in ihre eigene Kindheit und ihre komplizierte Familien-Konstellation. Sie lebte mit ihren Eltern, der Adoptivschwester Romi und der kleinen Schwester Linda relativ sorgenfrei zusammen bis die Familie durch eine Tragödie erschüttert wurde, die Pia nie richtig verarbeitet hat. Während Pia versucht aus Luca rauszubekommen, was in der Schule passiert ist, kann sie sich nicht von den Gedanken an die Vergangenheit befreien und verstrickt sich immer mehr in ihrer Gedankenwelt.

„Kleine Monster“ hat ein sehr schweres Thema, gleichzeitig aber eine sehr direkte und zugängliche Sprache, die es schafft, dass man sich sofort emotional mit den Charakteren verbunden fühlt und mit ihnen mitfühlen kann, selbst wenn ihre Handlung nicht immer wirklich verständlich sind. Gleichzeitig scheint das Buch auf einen dramatischen Höhepunkt zu zu steuern, ob es diesen gibt, möchte ich an dieser Stelle offen lassen. Jedenfalls hat mich das Buch in jeder Hinsicht überzeugt und meine Erwartungen sogar noch übertroffen, von mir also eine absolute Lese-Empfehlung. 

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Buchtipp: „Vater unser“ von Angela Lehner

„Vater unser“ von Angela Lehner ist ein österreichischer Roman mit einer sehr ungewöhnlichen Protagonistin. Eva Gruber ist Ich-Erzählerin und wurde gerade in eine psychiatrische Klinik eingeliefert, weil sie (zum Glück nur) behauptete eine Kindergartenklasse erschossen zu haben. Die Hintergründe ihres Verhaltens und ihr Motiv bleibt dabei erstmal unklar. Als Leser merkt man schnell, dass man Eva als Erzählerin nicht unbedingt trauen kann. Sie ist auf jeden Fall hochintelligent, hat einen bissigen Humor, ist scharfzüngig, aber schon in der Schule sagten die Klassenkameraden über sie häufig „Die Eva lügt immer!“.

Ebenfalls in der psychatrischen Klinik in Behandlung ist Evas Bruder Bernhard, der wegen Magersucht dort behandelt wird. Schnell drängt sich beim Leser der Verdacht auf, dass Eva vielleicht nur wegen ihm in der Klinik ist. Vorgeblich möchte sie ihren Bruder retten, doch der reagiert eher ablehnend auf Eva und es ist klar, dass die familiären Verhältnisse der Geschwister kompliziert sind. Schnell wird klar, dass für Eva alles mit ihrem Vater zusammenhängt und dass Eva und Bernhard ihre Kindheit als traumatisierend empfunden habe, doch was genau die Hintergründe für die psychischen Probleme der beiden Geschwister sind bleibt schwammig. Man erfährt in sprunghaften kurzen Kapitels Episoden aus Evas Kindheit und muss sich ansonsten ganz auf ihre Erzählungen verlassen, bei denen man aber nie wirklich weiß was Wahrheit und was Lüge ist.

Das Buch liest sich dabei kurzweilig und sehr unterhaltsam. Eva ist mit ihrer Egozentrik und ihrem Hang zur Manipulation ihres Umfelds sicher kein besonders sympathischer Charakter, trotzdem sind die Schilderungen des Klinikalltags oft erstaunlich pointiert und man fragt sich oft, wer nun eigentlich „verrückt“ ist.

Mir hat das außergewöhnliche Buch sehr gut gefallen.