Bücher

Buch-Tipp: „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft“ von Fiona Sironic 

Jedes Jahr lese ich ein oder zwei Bücher von der Longlist des Deutschen Buchpreises. Dieses Jahr sind es zufällig sogar zwei Bücher von der Shortlist geworden, denn beide Bücher, die ich ausgewählt habe, haben es darauf geschafft. Das erste davon möchte ich heute vorstellen:

„Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft“ von Fiona Sironic ist mir direkt durch den sehr außergewöhnlichen und etwas sperrigen Titel aufgefallen, der meine Neugier definitiv geweckt hat. Und das Buch hielt auch was es verspricht, es ist etwas Besonderes: die 16-jährige Era lebt mit ihrer Mutter in einem Deutschland der nicht näher definierten Zukunft. Der Klimawandel ist weiter voran geschritten und der Lebensraum der Menschen zusammengeschrumpft. Die Menschen bekommen kaum noch Kinder, so dass Era zwar zur Schule geht, da aber auf verhältnismäßig wenige Mitschüler:innen trifft. In der Stadt ist es zu heiß und zu eng, auf dem Land drohen Waldbrände. Trotzdem haben sich Era und ihre Mutter entschieden in einer Hütte am Waldrand zu leben. Dort notiert Era akribisch aussterbende Vogelarten (eine stetig zunehmende Liste) und schaut sich Live-Streams im Internet an. Dabei vor allem die von zwei Mädchen, die wie der Titel des Buches schon sagt, samstags in den Wald gehen und Sachen in die Luft jagen. Durch einen Zufall trifft Era im Wald auf die beiden und erkennt Maja, eine Mitschülerin die durch ihre reichen lesbischen Influencerinnen-Eltern früher eine Internet-Bekanntheit war, bis sie sich weigerte gefilmt zu werden. Era ist fasziniert und nimmt Kontakt mit Maja auf…

Das Buch ist schwer zu beschreiben, einerseits ist es sicherlich dystopisch, allerdings ist es nicht hoffnungslos oder deprimierend, es behandelt im Prinzip ganz normale Teenager Themen und vor allem die Frage wie man in einer Welt ohne Zukunft erwachsen werden, sich verlieben und Beziehungen herstellen kann. Era und ihre Mutter sind arm, Maja und ihre Schwester leben trotz der widrigen Lebensbedingungen immer noch ein luxuriöses Leben. Doch Maja ist wütend und zieht Era mit in einen Sog der Zerstörung. 

Mir hat das Buch hervorragend gefallen, vor allem da es trotz ernsthafter Thematik eine Leichtigkeit hat, die es zu einem richtigen Lesevergnügen macht. 

Bücher

Krimi-Tipp: „Lavender House“ von Lev AC Rosen

Heute möchte ich einen sehr unterhaltsamen „cozy“ Mystery-Krimi vorstellen, nämlich den Roman „Lavender House“ von Lev AC Rosen. Die Handlung spielt in den 1950er Jahren: der schwule Polizist Andy wurde bei einer Razzia in einem Schwulenclub von seinen Kollegen entdeckt und hat seinen Job verloren. Gerade als er sich in einer Bar betrinkt und darüber nachdenkt sein Leben zu beenden wird er von einer mysteriösen Frau namens Pearl angesprochen, die ihn für einen Privatdetektiv-Job anheuern möchte. Offenbar weiß sie wer er ist und dass er genau der richtige für ihre heikle Situation ist. Denn Pearl lebt heimlich zusammen mit ihrer Frau Irene Lamontaine in einem mondänen Anwesen, natürlich ist sie offiziell nicht Irenes Ehefrau, sondern ihre Angestellte. 

Irenes Firma Lamontaine ist mit dem Verkauf von selbst gefertigten Duftseifen reich geworden, die Irene in liebevoller Kleinarbeit designt hat. Doch vor kurzer Zeit starb Irene in ihrer Bibliothek als sie an einer neuen Seifenrezeptur gearbeitet hat und Pearl vermutet, dass es Mord war. Doch natürlich kann sie nicht die Polizei rufen, denn die in dieser Zeit geächteten Familienverhältnisse sollen nicht ans Licht kommen (auch Irenes Sohn ist schwul und lebt mit seinem Freund zusammen, aber auch seine „Tarnungs“-Ehefrau und ihre Mutter leben im Haus, sowie mehrere Angestellte aus der queeren Undergrund-Szene).

Der Krimi hat gleich meinen Nerv getroffen, eine Mischung aus Knives Out meets Agatha Christie und das alles in einem queeren Umfeld sorgt für eine kreative und unterhaltsame Mischung. Nun ist es so, dass ich schon recht viele „Closed Room“-Krimis gelesen habe und viele sind überraschend schlecht. Viele Autor:innen scheinen mit dem Konzept etwas überfordert, so dass die Grundidee super ist, aber die Umsetzung nicht klappt, aber Lev AC Rosen gelingt es wirklich gut, auch wenn der Fokus des Romans nicht ausschließlich darauf lag einen Krimi zu schreiben (aber vielleicht ist das sogar der Schlüssel zum Erfolg, vielleicht konnte er weniger verkrampft an das Konzept dran gehen).

Andy ist ein sehr sympathischer Charakter, die Krimihandlung fand ich gelungen und das Setting ist ungewöhnlich aber trotzdem glaubwürdig und die damals offene Homophobie der Polizei und Gesellschaft ist hervorragend dargestellt, ohne dass der Roman seinen Optimismus und seine Leichtigkeit verliert. 

Auf Englisch sind schon weitere Teile der Reihe erschienen, nach denen ich auf jeden Fall Ausschau halten werde. 

Bücher

Buch-Tipp: „Hundesohn“ von Ozan Zakariya Keskinkılıç

„Hundesohn“ von Ozan Zakariya Keskinkılıç ist ein Roman der es schafft gleichzeitig sehr poetisch und sehr derb und direkt zu sein, somit schon sprachlich ein wirklich einmaliges Buch. Der Ich-Erzähler Zakariya lebt in Berlin, verbringt zu viel Zeit auf Grindr und hat One-Night-Stands mit allen möglichen Männern, während er sich nach Hassan verzehrt, einem Jugendfreund aus der Türkei, mit dem ihn eine nicht näher definierte toxische Beziehung verbindet und nach dem er sich jederzeit sehnt, bis er ihn im Sommer für wenige Wochen wiedersieht. 

Die Sprache des Buches ist sicher einmalig, eine Mischung aus Lyrik und Erzählung mit vielen Einsprengungen auf türkisch und arabisch (die man aber aus dem Kontext immer verstehen kann) und die die Zerrissenheit des Ich-Erzählers zwischen Glauben und Sexualität, Türkei und Deutschland, der Suche nach der eigenen Heimat und Zugehörigkeit ausdrückt. Sicherlich wird man das Buch nochmal ganz anders fühlen, wenn man selbst mit muslimischen Migrationshintergrund in Deutschland (und der Türkei) aufwächst, aber auch ohne die eigene Erfahrung entwickelt das Buch viel Wucht. Ich empfehle es für jeden der auch sprachlich etwas ungewöhnliche und lyrische Bücher mag.

Werbung: das Buch wurde mir von Vorablesen kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt. Es erscheint erst im September 2025.

Allgemein, Bücher

Buch-Tipp-Mix Sommer 2025: Stephen King und Young Adult Dystopie

Heute möchte ich zwei Bücher vorstellen, die ich im Juli gelesen habe. Nummer 1 ist ein Geschichtsband von meinem absoluten Lieblingsautor (seit meiner Kindheit), nämlich:

„Ihr wollt es dunkler“ von Stephen King

„Ihr wollt es dunkler“ ist ein typischer Geschichtsband von Stephen King, mit verschiedenen Kurzgeschichten, die von wirklich sehr kurz (wenige Seiten) bis hin zu zwei längeren Geschichten von um die 150 Seiten reichen. Dem Nachwort ist zu entnehmen, dass die Entwürfe von einigen Geschichten schon Jahrzehnte alt sind und Stephen King die jetzt erst beendet hat. Mir wäre das ohne die Erklärung nicht aufgefallen, auch wenn Stephen Kings neuere Romane nicht mehr so horrorlastig sind wie am Anfang seiner Karriere (wobei er ja auch schon damals Geschichten ohne Horror-Elemente verfasst hat), ist er seinem Stil immer so treu geblieben, dass die Geschichten für mich überhaupt nicht den Eindruck machen entweder altmodisch oder neumodisch zu sein. Der Geschichtsband ist wie aus einem Guß und mich haben alle Stories hervorragend unterhalten. Ein echtes Lesevergnügen, mit Geschichten die auch oft zum Nachdenken anregen.

Zusätzlich zu diesem Buch eines sehr erfahrenen Autors habe ich gelesen:

„The Last Bookstore on Earth“ von Lily Braun-Arnold

„The Last Bookstore on Earth“ ist eine Young Adult Dystopie von der jungen Autorin Lily Braun-Arnold. In dem Debütroman steht die jugendliche Liz, die seit einem – am Anfang noch nicht näher erklärten – dystopischen „Sturm“ alleine in einem Buchladen lebt, bei dem sie vor der Katastrophe gearbeitet hat. Was mit ihrer Familie passiert ist, weiß man anfangs noch nichts, doch Liz hat es geschafft sich einigermaßen komfortabel in dem zwar teilweise beschädigten, aber noch einigermaßen benutzbaren Gebäude einzurichten. Übers Wasser hält sie sich mit Tauschhandel mit den noch wenigen verbliebenden anderen Stadt-Bewohnern, die gelegentlich vorbeiziehen. Veränderungen mag sie nicht und Gefahren der Zukunft versucht sie zu verdrängen. Als eines Tages eine andere junge Frau namens Maeve auf der Suche nach Unterkunft bei ihr einbricht und ab diesem Zeitpunkt mit ihr zusammen in der Buchhandlung lebt wird ihre Routine unterbrochen und Liz muss ihre Komfortzone verlassen. Aber auch wenn ihr Maeve anfangs auch noch sehr unsympathisch ist, fängt sie mit der Zeit auch an Gefühle für sie zu entwickeln…

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, der Schreibstil ist für eine 19-jährige Autorin wirklich toll und mitreissend und man wird sofort in die Story reingezogen. Die Schwachpunkte waren für mich, dass die romantischen Aspekte der Story für so einen Young Adult Format etwas sehr subtil und zwischen den Zeilen erfolgte, was auch die Charakterentwicklung von Liz und Maeve etwas minderte. Dafür gibt es im Verhältnis relativ viel Gewalt, das hätte ich mir etwas ausgewogener gewünscht. Außerdem sind einige (medizinische oder physikalische) Teile der Story nicht besonders realistisch, das würde ich bei dem sehr jungen Alter der Autorin und der Tatsache dass es sich um ein Young Adult Buch handelt aber nicht als so dramatisch bewerten.

Bücher, gesellschaft

Buch Tipp: „Paper Doll“ von Dylan Mulvaney

„Paper Doll: Notes from a Late Bloomer“ ist teils Autobiographie teils „Tagebuch“ von der transsexuellen Influencerin Dylan Mulvaney, die während Corona zuerst auf Social Media einen steilen Aufstieg mit Comedy-Clips und Videos über ihre Transition hinlegte, nur um dann vom rechts-religiösen America einen starken Shitstorm/Backlash zu erledigen, weil die Biermarke Bud Light (wohl aus rechtlichen Gründen im Buch nur als GenericBeerBrand bezeichnet) einen Werbespot mit ihr drehte (warum nicht jeder unabhängig vom Geschlecht Light-Bier trinken oder bewerben kann und sollte erschließt sich dem vernunftbegabten Menschen wohl eher nicht, aber wir leben ja aktuell leider nicht in vernunftbegabten Zeiten, ganz im Gegenteil).

In dem Buch, das äußerlich sehr leicht und humorvoll aufgemacht ist, geht es also nicht nur um schöne Anekdoten und eine heile Showbiz-Welt, sondern auch um mentale Gesundheit, den Wahnsinn von Social Media, aber natürlich auch um Dylans persönliche Erfahrungen mit ihrer Transition und ihren Werdegang im Musical und Showbiz und als Influencerin und ich kann sagen, dass das Buch meine Erwartungen mehr als erfüllt hat, so fand ich es wirklich sehr bewegend, unterhaltsam und lehrreich. 

Das Format wechselt dabei zwischen Tagebucheinträgen aus den ersten 365 Tagen ihrer Transition und tiefgehenderen Kapiteln über verschiedene Themen und Erfahrungen, die Abschnitte unterscheiden sich auch durch verschiedene Schriftarten. Mir hat das wirklich sehr gut gefallen, da das Buch dadurch für mich die perfekte Mischung aus leichter Unterhaltung und ernsteren Kapiteln trifft. Ein tolles Buch für jeden der gerne mehr über andere Menschen lernt, Humor, Herzlichkeit und Musicals mag und in der aktuellen politischen Lage nicht vergessen möchte, dass es in den USA auch Millionen von wirklich tollen und liebenswerten Menschen gibt.

Bücher

Buch-Tipp: „#Maspalomas Pride“ von Maximillian von Genster

„#Maspalomas Pride“ von Maximillian von Genster ist ein queerer Wohlfühlroman, der sicherlich zu einem großen Teil auf persönlichen Erlebnissen beruht. In dem satirisch humoristischen Urlaubsbericht, fährt Max zusammen mit zwei schwulen Freunden und Dragqueen Liesel ein paar Tage in die queere Urlaubshochburg Cran Canaria, passend zur dort stattfindenden Pride Parade. 

Ich war nun selbst noch nie dort, fand die Schilderungen aber sehr unterhaltsam, auch weil das Buch die dortigen optischen Highlights in Sachen Hotels und Partymeilen nicht romantisiert, was auf mich den Eindruck eines etwas heruntergekommenen, aber gleichzeitigen charmantem Party-Urlaubsparadieses erweckte, nicht ganz so prollig bierselig wie der Bierkönig auf Mallorca, dafür deutlich queerer (natürlich gibt es auch heterosexuelle Besucher der Insel, die im Buch auch etwas ihr Fett mitkriegen, genauso wie aber die auch nicht immer gar so tolerante queere Community).

Insgesamt ist es ein sehr nettes Buch für zwischendrin, wenn man in Urlaubsstimmung kommen möchte und von den sexuellen und sonstigen Erlebnissen von Max und seinen Freunden lesen möchte. Ich würde sagen das Buch ist zu 95% Fun, aber auch ein paar ernsthafte Gedanken und Sticheleien runden das Leseerlebnis ab. 

Bücher

Buch-Tipp: „Das glückliche Paar“ von Naoise Dolan

Der Mai war für mich ein sehr gelungener Lesemonat, da ich im Urlaub gleich drei Bücher hintereinander weg gelesen habe, die mir überdurchschnittlich gut gefallen haben. Der irische Roman „Das glückliche Paar“ von Naoise Dolan war darunter vermutlich mein Favorit, obwohl die Thematik auf den ersten Blick nicht besonders tiefgründig wirkt: Es geht in dem Roman um das irische Pärchen Celine und Luke. Die beiden zahlen Irland-typisch 2000 Euro Miete für ein winziges Apartment, in dem der Boiler oft nicht funktioniert, Celine ist Konzertpianistin und immer in Sorge um ihre Hände, Luke hat Theologie studiert und die bisher größte gemeinsame Verpflichtung ist ihre Katze. Nun haben sich die beiden entschieden zu heiraten, doch bei der (aus finanziellen Gründen) bei ihrer wohlhabenden Tante abgehaltenen Verlobungsfeier in London ist Luke plötzlich verschwunden und reagiert nicht auf Celines Nachrichten. 

Der Roman begleitet Celine und Luke ca. vom Zeitpunkt dieser Verlobungsfeier bis hin zum Tag der Hochzeit. Dabei ist die Erzählweise des Romans sehr kreativ, die Handlung wird immer abwechselnd aus Sicht verschiedener Beteiligter erzählt, darunter natürlich Celine und Luke, aber auch Celines Schwester und Lukes Ex-Freund, der nach Jahren noch nicht über ihn hinweg ist. Das liest sich sehr leicht,  humorvoll und trotzdem werden ernsthafte Fragen beantwortet, zum Thema Vertrauen, Partnerschaft und was eine Ehe/Beziehung ausmacht. Die Charaktere könnten vermutlich nicht unperfekter sein, wachsen einem aber trotzdem ans Herz. Ein richtiges Lesevergnügen, das meiner Meinung nach auch gerade danach schreit verfilmt zu werden. 

Bücher

Buch-Tipp: „Last Night at the Telegraph Club“ von Malinda Lo

Das Jugendbuch „Last Night at the Telegraph Club“ von Malinda Lo ist definitiv eines meiner absoluten Lese-Highlights des Jahres 2023. Schon das Cover ist eine Augenweide, aber der Inhalt sogar noch mehr. Die 17-jährige Lily wächst in den 1950er Jahren als Tochter chinesischer Einwanderer:innen in San Francisco auf. Das Leben der Familien in Chinatown ist hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis möglichst amerikanisch und integriert rüber zu kommen und gleichzeitig chinesische Traditionen zu pflegen. In einer Zeit in der Konformität auch sonst gesellschaftlich eine dominierende Rolle spielt ist Lily anders als andere Mädchen ihres Alters. Nicht nur, dass sie sich leidenschaftlich für Raketen und Science Fiction Romane interessiert, auch ihre Gefühlswelt verwirrt sie, auch wenn sie noch nicht genau weiß inwiefern. Als sie ihrer Schulkameradin Kath näher kommt, nimmt Lilys bisher so behütetes und konservatives Leben einen Lauf, den sie sich nie hätte vorstellen können. Sie besucht sogar mit Kath einen Nachtclub, den „Telegraph Club“, in dem die Herrenimitatorin Tommy auftritt und für Lily eröffnet sich ab diesem Zeitpunkt eine ganz neue Welt. 

Mir hat an dem Buch eigentlich alles gefallen: Die Liebesgeschichte ist wundervoll gefühlvoll  erzählt, Lily ist ein ganz normales chinesisch-amerikanisches Mädchen, mit dem man mitfühlt und sich identifizieren kann, man lernt nebenbei noch wahnsinnig viel darüber wie es war als chinesische Einwandererfamilie in den USA der 1950er Jahre zu leben, immer in der Sorge abgeschoben zu werden oder vom FBI für Kommunisten gehalten zu werden. Auch die Einblicke in die chinesischen Familien und Traditionen waren wirklich informativ. Und natürlich lernt man wie nebenbei auch noch unheimlich viel über die LGBTIQ*-Szene der 1950er Jahre in San Francisco, über eine Subkultur, die lebte und gedieh, trotz Zwangs zur Heimlichtuerei und der ständigen Furcht vor Repressalien (deprimierend hierbei, dass manche US-Bundestaaten und Politiker gerade mit Hochdruck daran zu arbeiten scheinen derartige Verhältnisse wieder herzustellen, was dann auch noch gewisse CSU-Größen dazu animieren ähnlichen Quatsch zu twittern). 

Für mich ein sprachlich wie inhaltlich fast perfektes Jugendbuch, dass sich auch wunderbar für Erwachsene eignet und auch aus der Masse der LGBTIQ*-Literatur besonders hervorsticht. Hervorzuheben ist auch noch, dass das Buch am Ende ein Kapitel mit Hintergrundinformationen zu den Recherchen, Quellen und zur Historie der chinesisch-amerikanischen Einwanderer:innen und der queeren Szene in San Francisco in den 1950ern enthält, das ich super interessant fand. 

Bücher, Hörbuch

Hörbuch: „I kissed Shara Wheeler“ von Casey McQuiston

„I kissed Shara Wheeler“ ist ein Young Adult Hörbuch von Casey McQuiston, das eine humorvolle queere Liebesgeschichte erzählt und mir vor allem wegen des bunten Covers in Auge stach. Hauptperson des Buches ist Chloe, die mit ihren beiden Müttern im liberalen Kalifornien aufgewachsen ist, aber nach dem Tod der Großmutter zurück in den Heimatstaat ihrer einen Mutter zog, ausgerechnet ins stockkonservative Alabama. Dort eckt Chloe zwar oftmals (auch absichtlich) an, ist aufgrund ihres Ehrgeizes und ihrer herausragenden Noten aber trotzdem kurz davor die High School als Jahrgangsbeste abzuschließen. Zwischen ihr und dem Triumph steht nur Shara Wheeler, blond, intelligent, beliebt, wunderschön und Tochter des Schuldirektors. Mit ihr steht Chloe in leidenschaftlicher Konkurrenz. Nur wenige Wochen vor dem Schulabschluss passiert dann das Unfassbare: Shara küsst Chloe und verschwindet am nächsten Tag spurlos, hinterlässt aber merkwürdige Botschaften auf Notizzetteln. Zusammen mit Shara’s Freund und dem Nachbarsjungen Rory versucht Chloe widerwillig rauszufinden was für ein Spiel Shara spielt.

So weit die Story des Buches, das einige gute Ansätze hat, mich aber insgesamt leider nicht 100% überzeugt hat. Mein erstes Problem mit dem Buch ist, dass sich die Handlung doch ein bisschen sehr in Grenzen hält, Als Leser:in weiß man eigentlich nie so richtig warum Shara eigentlich verschwunden ist, warum Chloe sie überhaupt sucht und auch die Auflösung des ganzen bleibt irgendwie nicht besonders nachvollziehbar. Zweitens funktioniert das Buch als Liebesgeschichte finde ich nicht so richtig, denn eine Chemie zwischen Shara und Chloe kommt eigentlich nie so richtig auf. Das ist eigentlich auch nicht so richtig verwunderlich, ist Shara doch mehr als 70% des Buches (ich hab auf die Hörbuch Fortschrittsanzeige geschaut) verschwunden und wird nur aus Sicht von Chloe charakterisiert, die aber kein gutes Haar an ihr lässt (was vermutlich unterdrückte sexuelle Anziehung rüberbringen soll, es aber eher nicht tut). 

Erst gegen Ende des Buches treffen Shara und Chloe tatsächlich wieder aufeinander, weswegen dieser Teil des Buches mir auch am Besten gefallen hat. 

Die Sprecherin des Hörbuches las für meinen Geschmack auch etwas zu konfrontativ und hart, was Chloe vielleicht noch etwas kratzbürstiger rüberkommen liess als ihr Charakter angelegt war, eventuell hätte man mit einer etwas „weicheren“ Sprecherin ein anderes Bild von Chloe bekommen?

Das klingt jetzt alles sehr negativ, trotzdem hatte das Buch gute Ansätze und war unterhaltsam, Romantik kam für mich aber zu wenig auf.